Der 1. Grüne Bundesrat wäre wohl eine Bundesrätin
Die Grünen könnten bei den Wahlen 2019 die CVP überflügeln und Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat erheben. Doch wer hat das Format dazu?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Grünen könnten bei den Wahlen 2019 zur viertstärksten Partei werden.
- Theoretisch könnten sie damit Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat erheben.
- Etablierte Figuren hätten die Grünen zu bieten, im Fokus steht aber primär die Präsidentin
Die vier grössten Parteien teilen sich die sieben Sitze des Bundesrats im Verhältnis 2:2:2:1 auf – das ist die Zauberformel. Umfragen zufolge könnten die Grünen bei den Wahlen 2019 viertgrösste Partei werden und die CVP verdrängen. Ob es dann auch mit einem Sitz im Bundesrat klappt, ist eine andere Frage. Doch wen würden die Grünen überhaupt aufstellen?
Regula Rytz in der Pole Position
Als trotzdem eher kleine Partei, die nicht einmal in allen Kantonen Sektionen hat, haben die Grünen eine etwas dünnere Personaldecke. Das macht die Auswahl leichter und ein paar wenige Persönlichkeiten schaffen den bundesrätlichen Mittelmässigkeitsstatus allemal. Zusatzkriterium bei den Grünen dürfte sein: weiblich. Das macht die Präsidentin zur Kronfavoritin.
Regula Rytz hat sich einen Namen gemacht, kennt die Dossiers und hat als ehemalige Tiefbau-Direktorin der Stadt Bern auch Exekutiv-Erfahrung. Sie gilt als pragmatische Brückenbauerin – links, pointiert, aber kein rebellischer Bürger(licher)schreck wie etwa Aline Trede.
Grüne Männer und der Grüne Riese
Nebst Rytz gäbe es im Parlament theoretisch noch eine Reihe Männer mit Potential. Fraktionspräsident Balthasar Glättli würde wohl nicht wollen. Bastien Girod ist prominent, erst 38 und trotzdem schon 12 Jahre im Nationalrat und kann auch etwas Führungserfahrung vorweisen. Ob das der Bundesversammlung genügt als Qualifikation für den Bundesrat, ist fraglich.
Definitiv Format hat dagegen Daniel Brélaz: Grossgewachsen und bis zu 180 Kilo schwer wird er in seiner Heimatstadt Lausanne auch «der Grüne Riese» genannt. Brélaz war 1979 der weltweit erste Grüne, der in ein nationales Parlament gewählt wurde. Mit Unterbrüchen schon 20 Jahre im Nationalrat, 26 Jahre lang in der Lausanner Stadtregierung, wovon 15 Jahre als Stadtpräsident. Allerdings ist er auch schon 69 Jahre alt und würde wohl kaum als Bundesrat kandidieren.
Welche Welschen?
Doch gerade in der Romandie hätten die Grünen noch weitere Namen anzubieten. Ständerat Robert Cramer hat Erfahrung in den Regierungen von Stadt und Kanton Genf gesammelt. Ständeräte können zudem bei der Wahl in den Bundesrat auf ihre Ratskollegen zählen. Ein fast schon unspektakulärer Klischee-Kandidat: Anwalt, besonnen, kollegial, älterer Herr – und sieht er nicht einfach wie ein Landesvater aus?
Exekutiverfahrung und erst noch Unternehmervergangenheit kann ein weiterer Genfer vorweisen. Antonio Hodgers ist derzeit Regierungsrat, vormals Nationalrat und Fraktionspräsident der Grünen. Mit 42 wäre er auch deutlich jünger als Cramer (65).
Die Joker-Kandidaten
Dahinter wird es dann etwas mager bei den Grünen. Da wären zwar noch eine Handvoll Regierungsräte, die aber noch weniger an Regula Rytz herankommen als die obengenannten Männer. Zwei ehemalige Nationalrätinnen hätten zumindest das richtige Geschlecht: Die Berner Regierungsrätin Christine Häsler und die Stadtberner Bildungsdirektorin Franziska Teuscher.
Wirklich «gefährlich» werden könnten Rytz aber zwei Männer, die sie ebenfalls bestens aus Bern kennt. Der ehemalige Berner Regierungsrat Bernhard Pulver wurde in seiner Amtszeit selbst vom politischen Gegner sehr geschätzt. Er wäre der erste offen homosexuelle Bundesrat – das könnte den Frauenbonus egalisieren.
Der andere Mann ist Berns Stapi Alec von Graffenried, der die Bundespolitik aus acht Jahren als Nationalrat kennt. Er gilt als dem liberalen Flügel der Grünen zugehörig, was ihn für Bürgerliche wählbarer macht. Nicht zu vergessen ist: Alec von Graffenried hat kein Problem damit, als Frauenverhinderer vorzupreschen. Das hat er bei seiner Last-Minute-Kandidatur als Stadtpräsident gezeigt, wo er SP-lerin Ursula Wyss das Amt vor der Nase wegschnappte.