Die Post sorgt bei Stopp von E-Voting für Verwirrung
Bei den nationalen Wahlen im Herbst wird kein E-Voting zum Einsatz kommen. Die Post sorgt mit ihrer Kommunikation jedoch für Verwirrung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundeskanzlei hat dem E-Voting der Post aufgrund von Mängel kein grünes Licht gegeben.
- Die Post stellt dies jedoch als eigenen Entscheid dar. Das stösst auf Kritik.
- Auslandschweizer und Blinde müssen bei den Wahlen auf E-Voting verzichten.
«Ich habe entschieden, unsere Ressourcen künftig ausschliesslich für das neue System einzusetzen. Zwei Systeme gleichzeitig weiterzuentwickeln, macht für die Post ökonomisch wenig Sinn.» Das sagte Post-Chef Roberto Cirillo vergangenen Freitag.
Das E-Voting-System, welches bisher in vier Kantonen im Einsatz war, werde die Post deshalb nicht weiterbetrieben. Bei den Wahlen im Herbst werde es daher nicht zur Verfügung stehen. E-Voting ist damit – vorerst – tot, denn auch das Genfer System wurde frühzeitig gestoppt.
Bundeskanzlei sah Bedingungen nicht erfüllt
Ein bewusster Entscheid der Post also? Die Bundeskanzlei hat das Post-System von externen Experten überprüfen lassen, so die «NZZ am Sonntag». «Wegen der Ergebnisse dieser Überprüfung kam die Bundeskanzlei zum Schluss, dass das System die bundesrechtlichen Anforderungen derzeit nicht erfüllt und die zur Verfügung stehende Zeit für das Erreichen der Anforderungen zu kurz gewesen wäre.»
Hacker konnten die individuelle Verifizierbarkeit brechen. Diese erlaubt dem Abstimmenden zu überprüfen, ob seine Stimme korrekt abgegeben wurde. Sie ist eine Bedingung für die Zulassung des Systems. Die Bundeskanzlei hat der Post den Einsatz ihres E-Votings daher nicht erlaubt. Von einem Entscheid der Post kann also keine Rede sein.
Die vier Kantone Freiburg, Neuenburg, Thurgau und Basel-Stadt haben mit der Post noch laufende Verträge für das E-Voting-System der Post. Mindestens der Kanton Freiburg will von der Post eine Entschädigung verlangen, da er auf das E-Voting bei den Wahlen verzichten muss. Über die Höhe der Forderung an die Post gibt es bisher keine Angaben, gemäss «NZZ am Sonntag».
Die Post setzt Fokus jetzt auf E-Voting mit universeller Verifizierbarkeit
Post-Chef Cirillo ist sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. «Wir sind überzeugt, dass E-Voting einem Bedürfnis der Stimmbürger entspricht.» Deshalb werde die Post – oder besser gesagt die spanische Firma Scytl, welche dies im Auftrag der Post tut – am neuen System arbeiten.
Jenem System, mit universeller Verifizierbarkeit. Damit erhalten Prüfer einen Beweis, dass die Stimmen korrekt übermittelt wurden, ohne aber den Inhalt zu erfahren. Eine Manipulation würde so erkannt. Die universelle Verifizierbarkeit ist eine Bedingung der Bundeskanzlei, damit das System eingesetzt werden darf.
Politisch ist E-Voting derzeit ein heisses Eisen. Auch dem Bundesrat ist das Thema zu heikel. Ende Juni hat er deshalb entschieden, vorläufig auf die Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb zu verzichten.
Kritik mussten die E-Voting-Systeme von Post und Kanton Genf zuletzt vermehrt einstecken. Beim öffentlichen Test durch Sicherheitsexperten wurden beim Post-System gravierende Mängel gefunden. Diese seien mittlerweile behoben, teilt die Post mit. Der angepasste Quellcode werde bald veröffentlicht.
Post verstärkt Unsicherheit in der Bevölkerung
Gegen die Einführung von E-Voting läuft zudem eine Unterschriftensammlung. Ein Fünftel der 100'000 Unterstützer sind bereits im Boot. Die Darstellung eines selbst entschiedenen Rückzugs der Post ärgert die Initianten.
In einer Mitteilung von Dienstagabend fordern sie: «Die erneut schleierhafte Kommunikation der Schweizerischen Post verstärkt die Unsicherheit der Bevölkerung. Wenn die Post das Vertrauen nicht gänzlich verspielen will, ist jetzt umfassende Transparenz nötig. Die Bundeskanzlei fordern wir auf, sämtliche Untersuchungsberichte zum E-Voting-System der Post zu veröffentlichen.»