Die Schweizer Armee zahlt Millionenbeträge für Hotelzimmer
Die Schweizer Armee hat 2022 rund 8,5 Millionen Franken für Hotelübernachtungen ausgegeben, wie eine Studie zeigt. Biwakiert der moderne Soldat nicht mehr?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Armee hat 2022 rund 8,5 Millionen Franken für 121'000 Hotelnächte bezahlt.
- Dies entspricht rund 40 Prozent der Gesamtausgaben im Bereich der Truppenunterkünfte.
- Die Hotellerie profitiert: Viele Betriebe sind von den uniformierten Gästen abhängig.
Im Auftrag der «NZZ am Sonntag» hat das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) eine Untersuchung durchgeführt: Demnach war die Armee mit rund 121'000 Übernachtungen im Jahr 2022 die «mutmasslich grösste Einzelkundin» der Schweizer Hotellerie.
Dabei machten die Hotelkosten schätzungsweise 40 Prozent der Gesamtausgaben im Bereich der Truppenunterkünfte aus – rund 8,5 Millionen Franken. Dies teilt Armeesprecher Stefan Hofer gegenüber der Zeitung mit.
Schweizer Armee erhöht Tagessätze per Januar 2023
Dieses Jahr dürften die Kosten gar noch höher ausfallen – zusätzliche drei Millionen sind heuer für den Posten budgetiert: Per Jahresanfang 2023 hat die Armee nämlich die entsprechenden Tagessätze erhöht.
Für höhere Unteroffiziere und Offiziere darf eine Übernachtung neu bis zu 100 Franken kosten – anstelle der bisherigen 70 Franken. Für Mannschaftsgrade und Unteroffiziere wiederum wird der Tagessatz von 30 Franken auf 50 Franken angehoben.
Diese Tatsache wirft insbesondere mit Blick auf die vom VBS verwalteten Immobilien unangenehme Fragen auf. Das Departement ist die wahrscheinlich grösste Immobilienbesitzerin des Landes: In den rund 7000 verwalteten Gebäuden sollte für alle Armeeangehörigen ein Schlafplatz zu finden sein. Weshalb müssen die Armeeangehörigen auf Kosten der Steuerzahler extern beherbergt werden?
Die Hotellerie profitiert
Höhere Unteroffiziere und Offiziere haben ein Recht auf von der Truppe getrennte Schlafplätze. Es ist eines der zahlreichen Privilegien, welche die Armee für diejenigen bereithält, die sich für eine Militärkarriere entscheiden.
Davon profitieren nicht nur ambitionierte Armeeangehörige, auch für das Hotelgewerbe stellt die Praxis einen willkommenen Zusatzerwerb dar: Insgesamt machen diese Übernachtungen nämlich knapp 0,6 Prozent der von Schweizern generierten Hotelübernachtungen aus.
Entsprechend wirbt der Branchenverband «HotellerieSuisse» dafür, Angehörige der Armee zu beherbergen: Für Hotelbetreiber biete die Praxis Vorteile, da bei Ausbildungs- oder Wiederholungskursen eine bestimmte Auslastung über eine längere Zeit gesichert sei. Dabei verrichte die Armee «ortsübliche Zimmerpreise bis zu maximal den Höchstansätzen», wie es im entsprechenden Dokument des Branchenverbandes weiter heisst.
Insbesondere während der Nebensaison sind uniformierte Gäste sehr willkommen: Gemäss «NZZ am Sonntag» generierten Armeeübernachtungen bei ausgewählten Betrieben bis zu 20 Prozent des jährlichen Umsatzes.
Namentlich genannt werden wollen diese Betriebe allerdings nicht – verständlicherweise: Preislich scheinen die Hotels der Armee teilweise nämlich stark entgegenzukommen. Auf ihren Internetseiten verlangten die Betriebe für die Zimmer nämlich deutlich höhere Preise, als die Höchstansätze der Armee erlauben würden.
Rund zwei Prozent der Dienstnächte
Mit Blick auf die Gesamtzahl der geleisteten Diensttage scheinen die 121'000 Hotelübernachtungen jedoch etwas zu verblassen: Das VBS beziffert dieselben für das Jahr 2022 auf 5,3 Millionen. Folglich verbringen Armeeangehörige lediglich rund zwei Prozent der gedienten Nächte in Hotelzimmern.
Bei den Hotelübernachtungen dürfte es sich überdies in erster Linie um platzmangelbedingte Ausweichquartiere handeln: Gerade im Rahmen von Wiederholungskursen sind Armeeangehörige nicht selten in beengten Anlagen einquartiert. Diese bieten oft nicht genügend Platz, um Kader und Truppe in getrennten Zimmern unterzubringen.