Diese Schweizer Städte interessieren sich für Fifa-Sitz
Nachdem die Fifa Zürich als Hauptsitz aus den Statuten gestrichen hat, zeigen verschiedene andere Städte Interesse – Schweizer Städte.
Das Wichtigste in Kürze
- Hauptsitz der Fifa muss nicht mehr zwingend Zürich sein.
- Nun melden sich Schweizer Städte mit Interesse, zumindest für eine Fifa-Abteilung.
- Nun soll das Interesse von Fifa-Präsident Gianni Infantino geweckt werden.
Bis Mitte Mai stand es in den Fifa-Statuten festgeschrieben: Hauptsitz ist Zürich. Nach einer Abstimmung des Fifa-Kongresses ist dies nun nicht mehr so. Was zwar nicht zwingend heisst, dass die Fifa aus Zürich wegziehen wird, aber sie könnte jetzt jedenfalls.
Sofort gab es Spekulationen, wohin es den Weltfussballverband wohl ziehen könnte. Zunächst standen dabei ausländische Destinationen wie Saudi-Arabien oder Paris im Fokus. Nun zeigen Nau.ch-Recherchen: Auch diverse Schweizer Städte wären nicht abgeneigt, in die Fussstapfen von Zürich zu treten.
Brig VS: «Müssen uns nicht verstecken»
«Das Oberwallis ist am Boomen», sagt SVP-Nationalrat Michael Graber, im Briger Stadtrat für die öffentliche Sicherheit zuständig. Er ist überzeugt: «Die Fifa wird sicher verschiedene Standorte evaluieren», Brig werde quasi ganz von selbst mit von der Partie sein. «Wir weibeln nicht aktiv, Gianni Infantino wird da schon selbst draufkommen.»
Schliesslich stammt Infantino ebenfalls aus Brig, genau wie Sportministerin Viola Amherd, die über ein Jahrzehnt als Stadtpräsidentin amtierte. Und heute offenbar zu wenig oft mit Gianni Infantino redet. Aus dem Nachbarort Visp könnte erst noch Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter freundlich rüberwinken.
Die Pharma-Milliarden der Lonza lösen von Visp aus einen Bauboom im gesamten Oberwallis aus. Graber nennt weitere Standtort-Vorteile: «Staatsrat Darbellay will eine Universität Wallis aufbauen, Brig liegt auf halbem Weg zwischen den Flughäfen von Mailand und Zürich.»
«Als dezentrale Lösung in seiner Heimat wäre doch das eine Überlegung wert», findet Michael Graber. Dezentral, weil die Fifa ja eine ihrer Abteilungen auslagern könnte – so wie die Rechtsabteilung nach Miami.
Lausanne: «Wenn die Fifa will, …»
Apropos Heimat: Gemäss Beobachtern soll Fifa-Präsident Gianni Infantino seinen Hauptwohnsitz nicht am Zürich- oder Zugersee haben, sondern in Lausanne. Der Waadtländer Kantonshauptort wird immer wieder in Verbindung mit der Fifa gebracht. Schliesslich hat dort auch das Internationale Olympische Komitee seinen Sitz.
Ausserdem haben 60 von 70 in der Schweiz domizilierten internationalen Sportverbände in der Waadt ihren Sitz. Deshalb übt man sich in Zurückhaltung, oder wie es FDP-Ständerat Pascal Broulis formuliert: «Wir werden die Fifa sicher nicht aktiv aus Zürich abwerben.»
Entsprechende Kontakte gebe es jedenfalls nicht. Inoffiziell hört man allerdings, dass die zuständigen Stellen sich zumindest nicht völlig fremd sind. Wie dem auch sei, Ständerat Broulis lässt die Tür für die Fifa weit offen: «Wenn sie – zum Beispiel wegen der Nähe zum IOK – nach Lausanne kommen will, ist sie willkommen.»
Zug: Kein Kommentar
Gianni Infantino spricht nicht nur sechs Sprachen (Walliser Dialekt nicht mitgezählt), er ist auch ein Mann vieler Wohnsitze. Nebst ausgiebigen Aufenthalten im jeweils nächsten WM-Land wohnt er offiziell weder in Brig noch Lausanne, sondern Zug. Weniger wegen den Steuern, die die Fifa als Verband zahlt, sondern für die steuerzahlenden Fifa-Mitarbeiter wäre ein Hauptsitz im Steuerparadies attraktiv.
Entsprechendes gegenseitiges Interesse wird zwar nachgesagt. Auf Anfrage von Nau.ch heisst es aber lediglich: Regierungsrat und Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) nehme zu diesen Fragen keine Stellung. Was immerhin ja auch kein Dementi ist.
Lugano will mit Gianni Infantino reden
Einen regelrechten Werbesport Richtung Noch-Fifa-Hauptsitz in Zürich macht Marco Chiesa. Der SVP-Ständerat und ehemaliger Parteipräsident wurde Mitte April auch in die Luganeser Stadtregierung gewählt. «Wir sind sehr gut vernetzt, haben internationale Beziehungen, liegen zwischen Mailand und Zürich: Schweizerische Einstellung, aber italienischer Charme», schwärmt Chiesa.
Noch besser: «Lugano ist die sicherste Stadt der Schweiz.» Wenn das nicht schon die Fifa überzeugt, dann sicherlich das da: «Wir sind das kleine Rio de Janeiro der Schweiz.» Im Gegensatz zum Oberwallis hat das Tessin bereits eine Universität; dort werde passenderweise ein Studiengang in Kommunikation angeboten. Auch auf das neue, im Bau befindliche Stadion verweist Chiesa.
Kurz: Die Fifa-Mitarbeiter würden sicher sehr gerne in Lugano wohnen. Wenn auch nicht gleich alle: «Wir könnten nicht Gastgeber für die ganze Fifa sein, aber zum Beispiel für die Marketing-Abteilung.» Eine Dezentralisierung gehöre auch zum Zusammenhalt der Schweiz.
Chiesa, im Stadtrat für die Finanzen zuständig, sieht verschiedene Vorteile: «Weil es Kompetenzen nach Lugano bringen und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen würde.» Ihm gehe es auch darum, eine Zukunft für die nächste Generation der Südschweiz zu schaffen. Sport, Rio, Steuerzahler, Italianità: «Es wäre schön, mit Gianni Infantino darüber zu sprechen.»