Experten erörtern die Lage der Strom- und Gasversorgung
Fachleute aus dem Energiebereich erklären, wie es um die Versorgungssicherheit der Schweiz bezüglich Strom und Gas im Hinblick auf den kommenden Winter steht.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweiz droht im Winter einen Mangel an Strom und Gas.
- Experten erörtern vor den Medien, wie es um die Versorgung genau steht.
«Wir erleben zurzeit die erste weltweite Energiekrise, mit Europa im Epizentrum». Das sagte der Direktor des Bundesamtes für Energie, Benoît Revaz, am Mittwoch an einem Point de Presse zur Versorgungslage der Schweiz. Neben ihm traten Fachleute aus vom Bundesamt für Energie, der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, dem Verband schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, der Kommission Stromversorgung, der Gasindustrie und weiteren Gremien auf.
Energieministerin Simonetta Sommaruga rechnet beim Gas mit Engpässen im kommenden Winter. Beim Strom sieht es gemäss ihren Aussagen etwas besser aus. Wegen des Ukraine-Krieges kann sie aber einen Strommangel nicht ausschliessen, weil der Gasmarkt eng mit dem Strommarkt verflochten ist.
Strom für Privathaushalte wird 20 Prozent teurer
Derzeit sei die Versorgung der Schweiz mit Strom und Gas gesichert, so die Experten. Die Gasmärkte würden aktuell zwar funktionieren, allerdings sei der Preis sehr hoch. Auch die Strompreise steigen. Für nächstes Jahr können sich die Konsumenten auf einen Anstieg von rund 20 Prozent für den Strom von Privathaushalten einstellen.
Der Bund hat bereits Vorkehrungen für den Winter getroffen. Er hat etwa ein Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen vorbereitet, die bei einem Gaslieferstopp in Liquiditätsprobleme geraten könnten. Auch hat der Bundesrat beschlossen, eine Wasserkraftreserve einzurichten. Ausserdem hat er die Gasbranche verpflichtet, Speicherkapazitäten in den Nachbarländern und Optionen für zusätzliche Gaslieferungen zu sichern.
Weiter auf dem Tisch sind Reservekraftwerke für Lagen mit Energieknappheit. Als gesetzliche Grundlage für die Umsetzung - vor allem mit bestehenden Anlagen - prüft das Departement für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation (Uvek) eine Verordnung, weil die Arbeit an einer Gesetzesvorlage längere Zeit in Anspruch nimmt.
Bis Ende August soll eine gemeinsame Plattform für eine Sensibilisierungskampagne zum freiwilligen Stromsparen aufgebaut werden, erklärte Benoît Revaz. Sie werde Ratschläge beinhalten und im Notfall als Plattform dienen, um die Bevölkerung gemäss dem Gesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung über die Sparmassnahmen zu informieren.
Massnahmen für Mangellage bereit
Falls es tatsächlich zu einer Mangellage kommen sollte, sind bereits Massnahmen geplant. Bei Gas würde es zunächst zu Sparappellen kommen, gleichzeitig kann der Bund den Firmen mit Zweistoffanlagen die Umstellung von Gas auf Heizöl vorschreiben. Mit den ersten beiden Schritten sei eine Senkung des Verbrauchs um etwa einen Fünftel möglich.
Der Bundesrat kann die Verwendung von Gas für gewisse Anwendungen einschränken oder verbieten. Erst als letzter Schritt wurde es zu Kontingentierungen kommen bei den nicht geschützten Verbrauchern, Privathaushalte und systemkritische Infrastruktur sind da ausgenommen. Dabei würden Teile der Wirtschaft heruntergeschraubt. «Wenn Sie das wollen, können Sie das mit vierstündigen Lockdowns vergleichen», sagt Michael Frank, Direktor, beim erband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE.
Die Massnahmen-Kaskade sieht bei einer Strommangel-Lage ähnlich aus: Sparappelle, Einschränkungen bei nicht zwingend benötigten Geräten und dann Kontingentierung. Falls dies ebenfalls nicht ausreicht, folgen Netzabschaltungen für einige Stunden.