FDP-Positionspapier: Gegen Frühfranzösisch & integrative Schule

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

In einem Positionspapier formuliert die FDP ihre Rezepte für die Volksschule: Erst mal Lesen, Schreiben und Rechnen lernen, aber richtig.

Thierry Burkart Delegiertenversammlung
FDP-Präsident Thierry Burkart anlässlich der Delegiertenversammlung der FDP Schweiz vom Samstag, 20. Januar 2024 im Freiraum in Zug. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die FDP legt an der kommenden DV ein Positionspapier zur Volksschule vor.
  • Sie fordert unter anderem die Abschaffung von Frühfranzösisch.
  • Auch sollen alle Schulen Tagesstrukturen anbieten - Nutzung freiwillig.

Wenn die FDP Schweiz sich am Samstag im aargauischen Möriken-Wildegg zur Delegiertenversammlung trifft, beschliesst sie nicht nur Parolen. Nein, sie schlägt auch Alarm: Das Erfolgsmodell Volksschule sei gefährdet.

Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler könne weder in der eigenen Landessprache korrekt 16 schreiben noch einen Alltagstext verstehen. Deshalb soll ein Positionspapier verabschiedet werden, das Forderungen in allen möglichen Bereichen stellt.

Weg mit Frühfranzösisch und Frühenglisch

Zunächst hält die FDP fest, sie wolle «back to the roots», ausser dass sie wohl lieber sagen würde: Zurück zu den Wurzeln. Grundkompetenzen seien das A und O: «Mit Lesen, Schreiben und Rechnen erhalten die Kinder ein stabiles Fundament, das sie befähigt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und aktiv an der Demokratie teilzunehmen.»

Findest du Frühfranzösisch bzw. Frühenglisch eine gute Sache?

Was im Umkehrschluss dann heisst, dass in der Primarschule die Erstsprache Priorität haben soll. Während die Kantone streiten, ab welcher Klasse welche Sprache unterrichtet werden soll, sagt die FDP: Am besten gar nicht.

Frühfranzösisch und Frühenglisch gehörten abgeschafft. Dafür soll ein Ausbau der Sprachaufenthalte in der Sekundarstufe geprüft werden.

Schluss mit integrativer Schule & Intensivkurse für Fremdsprachige

Die integrative Schule, also der gemeinsame Unterricht aller Schülerinnen und Schüler, von lernschwachen bis zu Begabten, sei gescheitert. Die «Gleichmacherei» sei künstlich, teuer und nütze niemandem. Zwar sei Integration erstrebenswert, aber Inklusion um jeden Preis nicht zielführend.

Schulunterricht
Kinder in der Schule. Das Gesetz verlangt, dass Kinder und Jugendliche eine ihren Bedürfnissen angepasste Grundschulung erhalten. (Symbolbild) - Keystone

Speziell gefördert werden sollen gemäss FDP aber nicht nur besonders Begabte, sondern auch Fremdsprachige. Damit diese nicht die Ressourcen der Lehrpersonen übermässig beanspruchen, sollen sie in Intensivkurse geschickt werden. Sogar Sonderklassen für das Erlernen der lokalen Sprache will die FDP nicht ausschliessen.

Noten Ja, Smartphones Nein, Tagesbetreuung ja, Formulare nein…

Bis in vermeintlich weniger wichtige Details hinein geht das Positionspapier der FDP. So fordert sie «Respekt im Schulzimmer», bis hin zu gezielten Sensibilisierungskampagnen für Eltern. Smartphones und andere Gadgets hätten im Unterricht nichts zu suchen. Was auf den ersten Blick im Widerspruch steht zur darauffolgenden Forderung: Die Chancen der Digitalisierung nutzen – aber eben auch deren Risiken aktiv angehen wie Cybermobbing oder den Umgang mit KI.

cybermobbing
Cybermobbing hat bei jungen Menschen zugenommen. - Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Wenig überraschend fordern die Liberalen auch weniger Formulare und weniger Bildungsbürokraten. Ausser bei den Noten, deren Abschaffung die FDP klar ablehnt. Man müsse den Kindern halt vermitteln, «dass Scheitern zum Leben dazugehört».

Immerhin anderthalb Zeilen im vierseitigen Papier widmet die FDP noch der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Schulen sollen Tagesstrukturen anbieten, wobei die Angebote freiwillig sein sollen – und kostengünstig.

Mehr Schweiz, weniger «woke»

An Schweizer Schulen hat die FDP «Lehrmittel, deren Inhalte eine einseitige oder eine ideologisch geprägte Sichtweise vermitteln» entdeckt. Das habe an der Volksschule keinen Platz. Statt auf «woke» zu setzen sollen «Schweizer Werte und Tugenden» vermittelt werden wie Verantwortungsbewusstsein, Anstand oder Selbständigkeit.

Schüler Bücher Geschichte
Schüler der 3. Klasse an der Kantonsschule Solothurn während einer Geschichts-Lektion, am 15. Mai 2018. - keystone

Denn die persönliche politische Meinung sollen sich Kinder und Jugendliche selbst bilden. Um «mündige und aktive Teilnehmende unserer Demokratie zu werden», dürften auch Geschichte und politisches System der Schweiz nicht vernachlässigt werden.

Im Gegenzug fordert die FDP aber auch «Null Toleranz gegenüber Intoleranten»: Ein Widerspruch, der sich ebenfalls sogleich auflöst. Gemeint sind Fundamentalismus oder Gewalttätige, homophobe, sexistische Übergriffe auf Lehrpersonen oder Schüler.

Lehrpersonen: Am liebsten Vollzeit

Zu guter Letzt nimmt die FDP doch noch auch die Politik in die Verantwortung. Diese müsse, zusammen mit den Schulen, dafür sorgen, dass Lehrpersonen vermehrt Vollzeit arbeiteten. Nicht etwa, weil die Kinder von Lehrpersonen ja eh von den Tagesstrukturen profitieren. Sondern um dem akuten Fachkräftemangel vieler Schulen entgegenzutreten.

Schule Lehrer
Lehrer Micha Kohler verteilt Unterlagen in der 1. und 2. Klasse, am 15. August 2022 an der Primarschule in Lauperswil im Emmental. - keystone

Dazu braucht es gemäss FDP Weiterbildung in der unterrichtsfreien Zeit und gut gemischte Klassen. Quereinsteiger seien willkommen, aber es sei klar, dass diese nicht weniger verdienen sollen als ausgebildete Lehrer.

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Kommentare

User #3037 (nicht angemeldet)

Ja, ja die bewährten Schweizer Tugenden. CS und Swissair und Co lassen grüßen.

User #6527 (nicht angemeldet)

Gegen Handy ja aber nicht gegen Fremdsprachen. In der Berufswelt werden Fremdsprachen gefragt oder mindestens geschätzt. Die meisten Artikel wie Medikamente, Anleitungen zu Geräte sind auf Englisch. Gerade im Gesundheitswesen und in der Restauration ist das Sprachwissen sehr gefragt.

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