Finanzkontrolle kritisiert BAG wegen 7 Jahren Spar-Leerlauf
Seit 2013 sollte das BAG überflüssige Leistungen der Krankenkassen streichen und so Hunderte Millionen einsparen. Doch nichts ist realisiert worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Eidgenössische Finanzkontrolle kritisiert das Bundesamt für Gesundheit.
- Vom Sparauftrag mittels Bewertung von medizinischen Verfahren sei nichts umgesetzt.
- 2013 hatte sich der Bundesrat 200 Millionen Franken jährliche Einsparungen erhofft.
Erneut gerät das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ins Kreuzfeuer der Kritik. Dieses Mal allerdings nicht wegen dem Coronavirus, sondern dem Tagesgeschäft. 2013 hat der Bundesrat entschieden, dass überflüssig gewordene Behandlungen aus dem Katalog der Krankenkassen gezielt gestrichen werden sollen.
Von geschätzten 200 Millionen Franken jährlichen Einsparungen für die Prämienzahler war die Rede. Doch bis heute ist daraus rein gar nichts geworden, kritisiert die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in ihrem Untersuchungsbericht.
Zaghafter Bund, Einwände von allen Seiten
Gefunden werden sollten die Einsparungspotentiale mit sogenannten «Health Technology Assessments (HTA)». Diese sind international etabliert und helfen, systematische medizinische Verfahren und Technologien zu bewerten. Erste im Nutzen umstrittene Behandlungen waren bereits ausgemacht: Kniespiegelung, Eisentherapie oder Wirbelsäuleneingriffe.
Drei Jahre habe man dann aber bereits einmal verloren, weil ein HTA-Zentrum zwar geplant, dann aber verhindert wurde. In der Vernehmlassung sprachen sich die meisten Interessengruppen dagegen aus. Dann lancierte der Bund zwar eine Lösung innerhalb des BAG. Das dreijährige Pilotprogramm erhielt magere 600'000 Franken – und kein Personal.
Wenige Ideen, doppelt so langsam wie Ausland
Zwar attestiert die EFK dem BAG, der Fokus sei sinnvoll gewählt. Doch bis heute sei noch keine einzige Leistung aufgrund eines HTA gestrichen worden. Die Ursachen dafür hat die EFK ebenfalls ausgemacht: Viel zu wenige Vorschläge, was noch genauer angeschaut werden sollte, landen im Ideen-Pool des BAG. Und wenn, dann werden die Ideen in praktisch jeden Schritt zuerst noch einmal von Interessensgruppen und Kommissionen beurteilt.
So braucht das BAG 50 bis 100 Prozent länger für ein HTA als vergleichbare EU-Länder. Sowohl intern wie international scheint die Koordination nicht gerade optimal zu sein. Die EFK empfiehlt deshalb unter anderem, dass Einsparziele festgelegt, die Zahl der HTA-Themen erhöht und die Prozesse verkürzt werden.
BAG nicht allein in der Pflicht
In ersten Stellungnahmen akzeptiert das BAG die Empfehlungen der EFK grundsätzlich. Oft liegt der Knackpunkt aber nicht einmal beim BAG selbst. So fehlen dem BAG zum Beispiel die entscheidenden Daten. Denn das Bundesamt darf nicht an Treffen zwischen der Zulassungsstelle Swissmedic und den Herstellerfirmen dabei sein.
Auch scheint die Motivation, Unnötiges von der Vergütungsliste zu streichen, bei den Betroffenen nicht sehr gross zu sein. Denn von den Krankenversicherungen würden sehr wenige HTA-Themen vorgeschlagen, stellt die EFK überrascht fest.
Anderes müsste auf höherer Ebene geregelt werden, doch hier sollten die Chancen nicht schlecht sein. Denn am Ursprung dieser Gesundheitskosten-Sparübungen standen zwei Vorstösse von 2010 im Parlament. Einer des damaligen Nationalrats Ignazio Cassis, einer der damaligen Ständerätin Simonetta Sommaruga. Der Goodwill wäre wohl da, aber, so die EFK: «Der Auftrag ist erst erfüllt, wenn Einsparungen erzielt werden.»