Gegner sehen Mietrechts-Vorlagen als Angriff auf Mieterschutz
Am 24. November stimmen die Schweizer Stimmberechtigten unter anderem über die Mietrechtsvorlagen ab. Das Referendumskomitee hat nun seine Kampagne vorgestellt.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 24. November wird über zwei Mietrechtsvorlagen abgestimmt.
- Das Referendumskomitee stellte heute in Bern seine Kampagne vor.
- Ziel der Angriffe auf den Mieterschutz seien höhere Renditen auf Immobilien.
«Angriff auf den Mieterschutz» und «Rauswurf-Vorlagen»: Mit diesen Worten wirbt das Referendumskomitee für ein Nein zu den beiden Mietrechtsvorlagen vom 24. November. Die vorgeschlagenen Änderungen des Obligationenrechts hätten drastische Folgen für Mietende.
Es geht um neue Regeln für die Untervermietung von Wohn- und Geschäftsräumen sowie um Kündigungen bei Eigenbedarf. Das vom Mieterinnen- und Mieterverband (MV) angeführte Komitee, das die Vorlagen mit dem Referendum bekämpft, stellte seine Kampagne am Dienstag in Bern den Medien vor.
Mieten als «Kaufkraft-Killer Nummer eins»
Ziel der Angriffe auf den Mieterschutz seien höhere Renditen auf Immobilien, sagte der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga – er ist Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbandes (MV). Wegen steigender Mieten wendeten Haushalte mit tiefem Einkommen mittlerweile 40 oder 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete auf.
Nationalrätin und MV-Vorstandsmitglied Jacqueline Badran (SP/ZH) nannte steigende Mieten den «Kaufkraft-Killer Nummer eins». Faktisch gebe es heute Anbieter-Marktmieten, und das sei gesetzeswidrig. Pro Jahr zahlten Mietende deshalb über zehn Milliarden Franken zu viel Miete. Das seien 370 Franken pro Haushalt und Monat.
Dennoch sei das Parlament nicht auf der Seite der Mietenden, sagte wiederum Sommaruga, sondern die Mehrheit stelle sich in den Dienst der Immobilienbranche. Zum Schein werde von Missbrauchsbekämpfung gesprochen, in Tat und Wahrheit aber eine perfide Strategie verfolgt.
Schweizer Studierendenschaft warnt vor Erschwernissen für Studenten
Die Untermiete solle grundlos massiv eingeschränkt werden, sagte Nationalrat Michael Töngi (Grüne/LU) – auch er gehört zum Vorstand des MV. Kleine Formfehler könnten künftig zu einem Rauswurf aus der Wohnung innerhalb von 30 Tagen führen. Zudem könnten Vermieter Untervermietungen ohne Grund ablehnen und auf zwei Jahre beschränken.
Sophie Wang, Vorstandsmitglied des Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS), warnte vor Erschwernissen für die Studierenden. Wegen der Verschärfungen dürfte es für Studierende noch schwieriger werden, eine bezahlbare Unterkunft zu finden, etwa weil Untervermietungen auf zwei Jahre beschränkt werden könnten.
Die verschärften Regeln für die Untermiete könnten ebenso Grosseltern treffen, die einer Enkelin oder einem Enkel ein Zimmer vermieten wollten, gab Béatrice Métraux von der Rentnervereinigung Avivo zu bedenken.
Um Seniorinnen, Senioren und junge Menschen in Ausbildung zusammen unter ein Dach zu bringen, gebe es zum Beispiel im Kanton Waadt sogar eigens ein Förderprojekt.
Das Argument, mit der Vorlage würden Plattform-Vermietungen gestoppt, mochte sie nicht gelten lassen. Hier brauche es Regelungen der Kantone und Gemeinden.
Für Kündigungen wegen dringendem Eigenbedarf gebe es wie bei der Untermiete bereits Regeln, macht das Komitee zur zweiten Vorlage geltend. Mit der Formulierung, dass der Eigenbedarf nicht mehr «dringend», sondern «bedeutend und aktuell» sein müsse, könne Mietern einfacher und ohne klaren Grund gekündigt werden.
Töngi: Kündigungen wegen dringendem Eigenbedarf wie Turbo-Kündigungen
Die heutigen Möglichkeiten für Kündigungen wegen dringendem Eigenbedarf genügten der Immobilienlobby nicht, sagte Töngi zu dieser zweiten Vorlage. «Das Ziel der neuen Formulierung, wonach Eigenbedarf 'bedeutend und aktuell' sein muss, ist klar benannt worden: Kündigungen sollen rascher durchgesetzt werden.»
Kündigungen wegen dringendem Eigenbedarf funktionieren wie Turbo-Kündigungen, warnte Töngi. Gewisse Fristen und Schutzzeiten könnten ausgehebelt werden. Deshalb sei die Lockerung abzulehnen.
Schon heute werde mit dieser Begründung gekündigt, um Mietende loszuwerden. Danach werde die Wohnung für einen höheren Mietpreis ausgeschrieben.
Eine Entspannung auf der Kostenseite sei nicht absehbar, sondern es sei absehbar, dass der ökonomische Druck auf die Menschen weiter steige, sagte Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. Ein Wohnungswechsel sei umständlich und je nach persönlicher Situation praktisch unmöglich.
Zum vom Mieterinnen- und Mieterverband angeführten Nein-Komitee gehören die Stiftung für Konsumentenschutz, der Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse. Auch Rentnerinnen- und Rentnerorganisationen und der VSS sowie SP und Grüne engagieren sich gegen die Vorlage.