Gegnerschaft nennt die Renteninitiative unsozial und ungerecht
Die Abstimmung über die Renteninitiative findet am 3. März statt. Laut dem überparteilichen Nein-Komitee ist das Begehren unsozial und ungerecht.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Renteninitiative wird am 3. März in der Schweiz zur Abstimmung gestellt.
- Gemäss dem Nein-Komitee eignet sich die Initiative nicht zur Reform der Altersvorsorge.
- Eine einseitige Erhöhung des Rentenalters erscheine zurzeit nicht opportun.
Am 3. März stimmt die Schweiz über die Renteninitiative ab. Diese verlangt zuerst das Rentenalter 66 und danach ein an die Lebenserwartung gekoppeltes Rentenalter.
Laut dem überparteilichen Nein-Komitee taugt die Initiative nicht für die Reform der Altersvorsorge. Es nennt das Begehren unsozial und ungerecht.
Im Nein-Komitee vertreten sind SVP, SP, Mitte-Partei, Grüne, GLP und Gewerkschaften. Die FDP unterstützt die von den Jungfreisinnigen lancierte Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)».
Am Dienstag legten Komitee-Mitglieder in Bern vor den Medien ihre Argumente für das Nein zur Initiative dar. Eine einseitige Erhöhung des Rentenalters erscheine zurzeit nicht opportun. So erinnerte Mitte-Ständerat Erich Ettlin (OW) an die 2022 knapp angenommene AHV-Reform mit der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre.
Das Parlament habe beim Bundesrat bereits eine Vorlage für eine weitere AHV-Reform von 2030 bis 2040 in Auftrag gegeben. Das führte Ettlin aus. «Dabei soll der Bundesrat eine ausgeglichene Lösung aus unterschiedlichen Massnahmen erarbeiten.»
Melanie Mettler: Weder effizient noch fair
Der Genfer SVP-Nationalrat Thomas Bläsi räumte ein, die Initiative benenne ein reales Problem. Eine weitere Erhöhung des Rentenalters komme nach der AHV-Reform aber einer doppelten Strafe für die Frauen gleich. Der Zeitpunkt der Initiative sei schlecht gewählt, eine Mehrheit sei sehr schwierig zu erreichen.
Störend ist für Bläsi auch, dass mit der Initiative das Rentenalter an eine in der Verfassung verankerte Indexierung gebunden würde. Und nicht an ein Votum der Stimmberechtigten. Die SVP sei für ein klar bestimmtes Rentenalter. Dieses könne dann je nach demografischer Entwicklung nach oben oder unten angepasst werden.
Nationalrätin Melanie Mettler (GLP/BE) fügte an, dass ein höheres Referenzrentenalter alleine nicht genüge für eine ausgewogene Finanzierung der Renten. Denn vor allem Wohlhabende gingen in Frühpension. Die Initiative träfe somit vor allem jene, die sich die Frührente nicht leisten könnten. Das sei weder effizient noch fair.
Im Komitee sitzen Bürgerliche Seite an Seite mit den Gewerkschaften. Die Renteninitiative verkenne die Realitäten auf dem Arbeitsmarkt, sagte SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard (VD), der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Über 55-Jährige würden oft als Erste entlassen, und die Jobsuche sei für sie schwierig.
Anzahl gesunder Jahre in Rente muss Rolle spielen
Auch befürchtet der oberste Gewerkschafter, dass ein höheres Renten-Referenzalter Frühpensionierungsmodelle für anstrengende Berufe in Gefahr bringe. Stehe die Koppelung des Rentenalters in der Verfassung, könne das Parlament alleine keine Ausnahmen und Abweichungen mehr beschliessen.
Aus Sicht des Komitees darf nicht allein die Lebenserwartung das Rentenalter bestimmen. Auch die Anzahl gesunder Jahre in Rente muss eine Rolle spielen. Einkommensunterschiede wirkten sich auf die Gesundheit aus, sagte Nationalrätin Léonore Porchet (Grüne/VD), Co-Präsidentin des Arbeitnehmer-Dachverbandes Travail Suisse, dazu. Wer ein tiefes Einkommen habe, habe eine schlechtere Gesundheit als Menschen mit hohem Lohn.
Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich warnte vor einer schwierigen Planung der Pensionierung: wenn erst fünf Jahre vorab bekannt sei, wann das Rentenalter erreicht sei. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung der 65-Jährigen schwanke. Das zeigten gerade Pandemien oder eine Grippewelle.
Mit der Initiative würde eine wesentliche Errungenschaft des Sozialstaates aufgegeben, warnte er. Nämlich, dass die Menschen nicht mehr bis zum Tod arbeiten müssten, sondern den Lebensabend in Sicherheit und Würde verbringen könnten.