Grünen-Glättli kritisiert Corona-Tracing-App des Bundes
Die Corona-App soll helfen, die Ansteckungskette mit dem Coronavirus zu verhindern. Genau das tue sie nicht, reklamieren die Grünen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Fraktionspräsident der Grünen, Balthasar Glättli, kritisiert die Corona-Tracing-App.
- Nicht die Technologie per se, sondern die Rahmenbedingungen seien wenig zielführend.
- Der Bund verweist auf das Parlament: Dieses soll stattdessen nachbessern.
«Neuland» würde so etwas wohl Kanzlerin Angela Merkel nennen. Neuland betritt die Schweiz – und die Welt – im Zuge der Corona-Krise auch mit der Tracing-App. Sie soll mithelfen, auch den letzten Corona-Fall noch abzufangen und zu isolieren.
Damit auch die letzten Glutnester des Corona-Feuers gelöscht werden können. Grünen-Fraktionspräsident Balthasar Glättli hat allerdings grosse Bedenken, dass die bundesrätliche Vorgehensweise zielführend ist.
«Sehe Nutzen nicht!»
Für einmal hat IT-Experte Glättli nichts zu meckern punkto Datenschutz. Dieser scheine auf den ersten Blick okay, aber: «Ich sehe den versprochenen Nutzen nicht!» Er bezieht sich dabei auf die Rahmenbedingungen für die App, die in der Botschaft des Bundesrates festgehalten sind.
Diese sind eher offen gehalten. Wer von der App die Mitteilung erhält, dass er mit einer Corona-positiven Person in Kontakt war, muss nichts, kann alles. Anreize gibt es auch keine.
Arzt-Konsultation oder Test auf Coronavirus wird nur bei Symptomen empfohlen. «Gleichzeitig soll man sich aber in freiwillige Selbstquarantäne begeben – allerdings ohne ein Recht auf Lohnfortzahlung», kritisiert Glättli.
Verfehlt die App ihr Hauptziel?
Die App solle ja dazu beitragen, dass Menschen das Coronavirus nicht weiterverbreiten, resümiert der Grünen-Chef. «Wenn sie in der Inkubationsphase sind, also bereits ansteckend aber noch ohne Symptome sind.» Ohne Test, ohne eine Art «Quarantänezeugnis» und damit garantierten Lohn werde dieses Ziel aber verfehlt.
Die Fachleute des Bundes kennen diese Kritik. Sie war im Vorfeld von Epidemiologen, aber auch von Amnesty International und dem Konsumentenschutz vorgebracht worden. Leider habe der Bundesrat entsprechende Anregungen nicht aufgenommen, bemängelt Glättli: «Der Bundesrat hat das schon im Pilot-Versuch verkachelt.»
Parlament soll es richten
Die beiden BAG-Experten Daniel Koch und Sang-Il Kim wollen sich nicht zu weit zum Fenster hinauslehnen. Der Delegierte für Covid-19 und der Verantwortlicher für digitale Transformation im BAG sagen auf die Frage von Nau.ch nur: «Das wurde diskutiert.» Den Ball spielen sie aber weiter, ans Parlament.
Dieses wird die Gesetzgebung rund um die Tracing-App in der Juni-Session beraten. Dort könne man die Überlegungen, wie sie Glättli anstellt, dann mit einfliessen lassen. Zunächst gehe es aber einmal um eine Sensibilisierung.
Solches nervt Glättli gleich noch einmal: «Zwar war für mich die App nie das Wundermittel, als die sie viele sahen. Aber wenn nun aus der App ein reines Sensibilisierungstool wird, dann war das wirklich viel Lärm um fast nichts.»