Hilfe, ich will wählen und weiss nicht wie
Für Kurzentschlossene: Hier gibt es die besten Wahl-Hacks, die man lassen sollte. Wählen ist nicht schwer, reuig sein dagegen sehr.
Das Wichtigste in Kürze
- Wählen mag angesichts der vielen Kandidaturen und Listen abschreckend wirken.
- Auch «last minute» kann man aber lässig noch an den Wahlen 2023 teilnehmen.
- Ist es wirklich so schwer? Ein Kommentar.
Spät, aber dennoch meldet sich das Pflichtgefühl? Vor lauter schönem Herbstwetter nie dazugekommen? Sehen alle Politiker gleich aus, aber eigentlich würde man ja schon gerne mitbestimmen? Wer sich nicht vor einem Sonntagsspaziergang zum Stimmlokal scheut, kann auch jetzt noch wählen – und so schwierig ist es nun auch wieder nicht.
Keine Angst: Sie müssen die Leute auf den Listen nicht kennen. Die Parteiprogramme noch viel weniger, denn darin steht ja eh nur, dass man für die Schweiz das Beste wolle. Es gibt lediglich ein paar elementare Punkte zu beachten wie «Stimmrechtsausweis mitnehmen», pragmatisch bleiben und nicht über die Wahlpropaganda aufregen.
Erstens: Ruhe bewahren
Machen Sie einen Schritt zurück und seien Sie unvoreingenommen. Wer weiss, vielleicht haben Sie immer nur gemeint, ein Mitte-Wähler zu sein, dabei denken Sie längst wie ein SVPler. Oder umgekehrt. Oder haben die Grünliberalen und die Grünen verwechselt, was Ihnen aber, ausser den Direktbetroffenen, niemand wirklich übelnimmt.
Für Ihre persönliche, ungefähre Einordnung holen Sie sich Hilfe bei Online-Tools wie «Smartvote» oder «Parlameter». Nun wissen Sie ungefähr, wer zu Ihnen passt. Aber aufgepasst: Seien Sie entscheidungsfreudig, denn sonst passen Sie zu allen Parteien gleich gut, beziehungsweise schlecht.
Mit Vorsicht zu geniessen sind Tipps von Bekannten und Verwandten, selbst wenn es sich um ex-Gemeinderäte und Schwiegermütter handelt. Was diese gut finden, muss nicht Ihrer Meinung entsprechen. Und apropos gut: Die «guten Typen», die imfall auch schon dem ganzen Fan-Bus eine Runde spendiert haben, mögen menschlich top, politisch aber flop sein. Schliesslich sind fünf Dutzend Bier bedeutend günstiger zu haben als die nachhaltige Finanzierung der AHV.
Listen: Hören Sie mal zu …
Lassen Sie sich nicht entmutigen von der Unzahl an verschiedenen Kandidatenlisten. Die allermeisten davon sind für die Galerie. Natürlich können Sie als Thurgauerin schampar frech sein und «Die Mitte – Junge und Erfahrene Kreuzlingen-Bodensee» wählen, obwohl Sie in der Region Thurtal wohnen. Es ist Hans was Heiri, denn weder von der einen noch der anderen Liste wird jemand gewählt werden.
Via die Listen- und Unterlistenverbindungen innerhalb der «Mitte» kommen Ihre Stimmen wohl einzig und allein dem bisherigen Mitte-Nationalrat Christian Lohr zugute. Sitzverschiebungen werden die Ausnahme sein. Nur die jeweiligen Hauptlisten der Parteien und dort nur die Spitzenkandidaten werden überhaupt in die Kränze kommen.
Natürlich können Sie als Zuger finden: Egal, den Mathias Bürki von der EVP kenne ich persönlich, der ist mir sympathisch und dem gönne ich was. Den schreibe ich von Hand in die ansonsten präferierte Liste der SVP grad zweimal hinein. Auch wenn er eh nicht gewählt wird, rutscht er so vielleicht parteiintern wenigstens nach vorne, am Matthias Keller vorbei. Der hat eh schon ein «T» mehr im Namen.
Chamemache, Sie müssen sich einfach auch hier bewusst sein: Sie wählen damit Manuela Weichelt von den Grünen. Denn im Kanton Zug haben Grüne und EVP eine Listenverbindung und aller Wahrscheinlichkeit nach profitiert davon die Bisherige Weichelt. Bei lediglich drei Sitzen, die der Kanton Zug zu vergeben hat, reicht es wohl nicht auch noch für die EVP.
Streichen, aber bitte handschriftlich
Und ja, damit sind wir beim gefürchtetsten Teil des Wahlprozederes angelangt: Dem Streichen, Reinschreiben und doppelt Aufführen. Dabei ist es keine Hexerei.
Gemeinhin läuft das ja unter «Panaschieren und Kumulieren», ausserhalb von Wahlen nie gehörte Worte, die eher abschreckend wirken. Wer will schon Panasch, wenn es doch fünf Dutzend Bier gibt? Also vergessen wir das ganz schnell wieder.
Elementar ist einfach: Sie müssen im Wahlbüro eine Liste mit der korrekten Anzahl Namen abgeben und oben auf der Liste darf (muss nicht) der Name einer der offiziellen Liste stehen. Am einfachsten geht das logischerweise mit den vorgedruckten Listen, denn dort ist alles korrekt, schliesslich ist das «Sache der Kantone».
Sie dürfen eine der vorgedruckten Listen ändern: Einen anderen Listennamen und/oder andere Kandidaten hineinschreiben. Insofern Sie welche gestrichen haben oder es auf einer «unvollständigen» Liste noch Platz hat. Das Kandidaten-Nümmerli nicht vergessen und den gleichen Namen maximal zweimal verwenden.
Statistiker rechnen uns zwar vor, dass solcherlei Firlefanz sich minimal auswirkt und dafür die eigene «Stimmkraft» schmälere. Also eher eine mühsame Sache, die man, wie erwähnt, auch noch handschriftlich machen müsste. Dann vorsichtshalber wohl lieber sein lassen.
Priorität hat, dass Sie überhaupt wählen. So wird das Parlament repräsentativ und ich werde an Sie denken, wenn mir demnächst in der Wandelhalle Politiker begegnen, denen ich lieber aus dem Weg gegangen wäre. Die Kür mit den veränderten Listen kann man sich ja für nächstes Mal aufsparen. Nicht, dass die Stimmen noch ungültig erklärt werden, weil mit Lineal durchgestrichene Namen nicht als «handschriftlich» gelten.