Hitzefrei über alles? Nicht cool!
Braucht es mehr Hitzefrei und besseren Schutz von Schülerinnen und Arbeitnehmern vor hohen Temperaturen? Ein heisses Thema.
Das Wichtigste in Kürze
- "Hitzefrei für alle" statt für die wenigen, privilegierten Schulpflichtigen?
- Solches fordern die Juso und die Jungen Grünen.
- Hat was. Doch von der Theorie zur Praxis ist ein heisses Pflaster. Ein Kommentar.
Die linksgrünen Jungparteien fordern angesichts der aktuellen Hitzewelle schärfere Vorschriften: Hitzefrei für alle, auch die berufstätige Bevölkerung. Zwar sollen die Temperaturen demnächst wieder sinken auf jahreszeitlich üblichere Werte von unter 20 Grad Celsius. Statt der aktuellen 20 bis 36,7. Aber: «Das ist nur der Anfang», warnt die Juso, und denkt schon jetzt an die Zeit nach den Wahlen 2023.
Feuer und Flamme für Hitzefrei
Das ist natürlich löblich und man muss den Jungpolitisierenden ja auch recht geben: Es ist zu warm. Zu warm für Ende August und zu warm auf den für Raumtemperatur massgeblichen 1 Meter über Boden. Also etwa dort, wo meine Handflächen über der Tastatur lauern. Und tropfen.
Von daher können sich Juso und Junge Grüne meiner Sympathie sicher sein. Man mag sich ja gar nicht ausmalen, statt sitzender Tätigkeit bei noch höheren Temperaturen einen Tunnel flicken zu müssen. Oder statt zu lesen und zu schreiben erst noch Lesen und Schreiben zu lernen. Hitzefrei an Schulen und in Unternehmen: eine coole Sache.
Immerhin müssen wir allgemeinen Bürgerinnen und Bürger uns schon mit dem «neuen Normal» nach der Pandemie abfinden. Da brauchen wir nicht auch noch Stress wegen des «neuen Normals» infolge Klimawandels. Trotzdem kann ich mich aber für die konkreten Forderungen von linksgrüner Seite nicht richtig erwärmen.
Ideal ist relativ
Nicht neu: Politische Forderungen sind meistens Maximalforderungen, damit man dann auch noch etwas «nachgeben» kann. Nur sollten dann die Maximalforderungen nicht gleich auch noch das – nicht einmal neue – «Normal» zum Sonderfall erklären. Ab 30 Grad Celsius draussen soll es Hitzefrei geben, Arbeit und Unterricht in «zu wenig gekühlten Gebäuden (über 25°C)» verboten sein. Da scheinen in der Hitze des Gefechts ein paar Gedankengänge mit Bier gekühlt worden zu sein.
30 Grad scheint nicht nur etwas tief, sondern fixe Werte auch etwas unumsetzbar. Soll der Kioskmann einfach um 12:47 Uhr den Laden runterlassen, weil genau dann das Thermometer von 29,9 auf 30,0 °C springt? Soll die Frau Heinzmann einfach ihren Auftritt am Openair Gampel sausen lassen, weil, ups, sie beim Tanzen ins Schwitzen kommt?
Und 25 Grad indoor: Das liegt mitten im arbeitsphysiologisch guten Bereich für Lufttemperaturen bei «Büroarbeit, sitzende Tätigkeit (warme Jahreszeit, Sommer, ‹Kühlperiode›)». So steht es in der «Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz» des Seco: 23 bis 26 Grad seien ideal und nicht etwa lebensbedrohlich.
Besonders schlau
Bei «Hitzefrei für alle» statt für verwöhnte Goofen ergäbe sich zwar ein angenehmer Nebeneffekt: Nein, keine Kühlung, aber die Eltern wären dann auch schon in der Badi, wenn die Kinder um 10 Uhr wieder vor die Türe gesetzt werden.
Bei anderen Aspekten müsste man dagegen vermuten, dass sie entweder nicht zu Ende gedacht oder absichtlich wahltaktisch motiviert sind. So könnte ja, statt Hitzefrei, bei «zu wenig gekühlten Gebäuden» ja auch einfach «genügend gekühlt» werden. Oder nicht so einfach, denn dies bedingt Investitionen in Stromproduktion und Gebäudehüllen.
Noch schwieriger würde es, 30 Grad Aussentemperatur abwenden zu wollen, damit Autobahnlärmschutzwände auch im August 2024 noch mit Solarpanels versehen werden können. Die Stossrichtung ist klar: Der Bundesrat müsste halt etwas mehr gegen den Klimawandel unternehmen.
Dass solches aber nicht von heute auf morgen geht, wissen auch Juso und Junge Grüne. Schliesslich experimentiert die Weltregierung schon seit Jahrzehnten mit parallel angeordneten Kondensstreifen, damit die Welt gekühlt und linksgrüne Hitzköpfe zu willenlosen, vegetarischen Lämmern werden. Gebracht hat es bis jetzt, wie man sieht, nicht viel.