Initianten für mehr Konzernverantwortung im Abstimmungsschlussspurt
Am 29. November wird über die Konzernverantwortungsinitiative abgestimmt. Das Komitee startet mit seinem Abstimmungskampf nun in die heisse Phase.
Das Wichtigste in Kürze
- Die heisse Phase des Abstimmungskampfs der Konzernverantwortungsinitiative hat begonnen.
- Es wird gefordert, dass Menschenrechts- und Umweltstandards überall eingehalten werden.
- Gemäss Umfragen würden aktuell 63 Prozent der Initiative zustimmen.
Die Initianten für mehr Konzernverantwortung haben am Montag die heisse Phase des Abstimmungskampfs eingeläutet. Das breit abgestützte Komitee bezeichnet das Volksbegehren als pragmatisch, wirkungsvoll und «eine Selbstverständlichkeit im Dienste der Menschen».
Die Initiative «Für verantwortungsvolle Konzerne – zum Schutz von Mensch und Umwelt» – kurz KOVI – will Schweizer Unternehmen zu folgendem verpflichten: Menschenrechts- und Umweltstandards müssen auch im Ausland eingehalten werden. Konkret müssten die Firmen eine Risikoabschätzung und eine umfassende Berichterstattung vorlegen. Zudem müssen Massnahmen zur Vermeidung und Beendigung allfälliger Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden getroffen werden.
Der umstrittenste Punkt der Initiative ist, dass Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen im Ausland haften sollen. Auch für jene ihrer Tochterfirmen und wirtschaftlich abhängigen Zulieferer. Heute haften Unternehmen in der Schweiz nur für Schäden im Ausland, die sie selber verursachen.
Fokus auf Konzernen
Knapp vier Wochen vor dem Urnengang am 29. November hat das Initiativkomitee seine Argumente an einer Medienkonferenz dargelegt. Das Anliegen sei eine «Selbstverständlichkeit».
Es sei ein zentraler Grundsatz der Schweizer Gesellschaft und des Schweizer Rechtsstaats, dass alle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen müssten. Und dass, wer einen Schaden anrichte, auch dafür geradestehen müsse.
Das Initiativkomitee ist überzeugt, dass die Initiative einen pragmatischen Weg verfolge. SP-Ständerat Daniel Jositsch: «Wer die Initiative ablehnt, findet, dass Menschenrechtsverstösse und Verletzungen von Umweltstandards im Ausland weiterhin möglich sein sollen.»
Klagen vor Ort oft folgenlos
Die Befürworter verweisen beispielsweise auf Missstände in der peruanischen Stadt Cerro de Pasco, für die Glencore mitverantwortlich sein soll. Die von Glencore kontrollierte Gesellschaft Volcan verursache mit einer Mine «massive Gesundheitsschäden» und «extreme Umweltverschmutzung».
Das Beispiel stehe stellvertretend für die wiederkehrenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltprobleme, welche einige Konzerne mit Sitz in der Schweiz verursachten. «Mit der Konzernverantwortungsinitiative wäre Glencore verpflichtet, Massnahmen gegen die Verschmutzung zu ergreifen», schreiben die Initianten.
Und die geschädigten Menschen aus Cerro de Pasco könnten in der Schweiz Wiedergutmachung erlangen. Das sei wichtig, denn: In Ländern mit schwachen Staatsstrukturen würden Menschen, die sich vor Ort wehrten, oft bedroht. Zudem sei die Justiz korrupt.
Initianten in der Poleposition
Über 130 Organisationen der Zivilgesellschaft, 300 Unternehmer, den Kirchen und tausenden von Freiwilligen in über 400 Lokalkomitees stehen hinter der Konzernverantwortungsinitiative. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit über 450 Politikern. Die Ja-Parole gefasst haben überdies die SP, die Grünen, die GLP, die BDP und die EVP.
Zwei Umfragen sehen momentan die Befürworter im Aufwind. 63 Prozent der Befragten hätten die Konzernverantwortungsinitiative Mitte Oktober bestimmt oder eher angenommen. 33 Prozent hätten sicher oder eher ein Nein in die Urne gelegt, wie die erste SRG-Trendumfrage ergab. Bei Tamedia lautete das entsprechende Verhältnis 57 zu 41 Prozent.
Wird die Initiative abgelehnt, kommt, vorausgesetzt dieser wird nicht mit einem Referendum bekämpft, der Gegenvorschlag zum Zug. Dieser verzichtet auf Bussen. Das Initiativkomitee hält nicht davon. Jositsch meint dazu, es sei etwa so, wie wenn man Geschwindigkeitslimiten einführen, Verstösse jedoch nicht bestrafen würde.