Juso legt sich mit «Mass-Voll»-Demonstranten an
Die Jungsozialisten lesen den Corona-Demonstranten die Leviten. Diese reagieren amüsiert: Mit den Argumenten desavouierten sich die Juso gleich selbst.
Das Wichtigste in Kürze
- Hinweis: Dieser Artikel wurde am 6. September 2021 vom Schweizer Presserat gerügt.
- Grund: Das Zitat von Ronja Jansen wurde nachträglich nach einer Stunde hinzugefügt.
Die Demonstrationen gegen die Massnahmen wegen dem Coronavirus sorgen weiter für heftige Reaktionen auch hinter den Kulissen. So greifen heute die Jungsozialisten auf Instagram die Organisation «Mass-Voll» frontal an. Dabei geht es den Juso nicht nur um den eigentlichen Inhalt, sondern auch um die Selbstdeklaration als «Jugendbewegung». Bei «Mass-Voll» spricht man von einer Kriegserklärung, der Vorwurf, «asozial» zu sein, falle aber auf die Juso zurück.
«Mehrheit der Jungen wünscht keine überstürzten Öffnungen»
Juso-Präsidentin Ronja Jansen lebt selbst im Bezirk Liestal BL, wo am Samstag Tausende Demonstranten aufmarschierten. Natürlich sei die Pandemie eine Belastung für alle, aber «Mass-Voll» vertrete nicht die Mehrheitsmeinung. «Umfragen zeigen klar, dass sich eine Mehrheit der Jungen Menschen keine überstürzten Öffnungen wünscht», so Jansen.
Wer nicht mehr wisse, wie die Rechnungen zu bezahlen und in der Not überstürzten Öffnungen zustimme: Dafür habe sie Verständnis. Aber nicht für «Mass-Voll»: «Diese Gruppe ist höchst gefährlich. Sie gibt politische Unabhängigkeit vor, aber akzeptiert Rechtsextreme in ihren Reihen.»
Verschwörungstheorien allenthalben
Auf Instagram prangern die Jungsozialisten die Corona-Demonstranten in dicken, fetten Lettern an. «Euer Verhalten und Eure Positionen sind asozial!», so die Schlussfolgerung im Post. Doch Mass-Voll-Gründer Nicolas A. Rimoldi kehrt den Spiess um. «Mass-Voll ist eine existenzielle Bedrohung für die Juso, deshalb reagiert sie derart hysterisch mit Hatespeech und wilden Verschwörungstheorien.»
Die Jungsozialisten kämpften für Privilegierte und setzten sich für die Politik des WEF ein, konstatiert Rimoldi. Deshalb fielen die Vorwürfe auf die Juso selbst zurück: Sie seien unsolidarisch mit der Bevölkerung. «Existenzgrundlage der Juso ist die Ausbeutung: Das Leben auf Kosten anderer», so Rimoldi. «Mass-Voll» dagegen vertrete die breite Masse, für alle statt für wenige, in Anlehnung an den Slogan der SP. «Nicht eine kleine Elite – die Juso sind die 1 Prozent.»
Vermummte Jusos und Nazis
Es sei sicher nicht «sozial», wenn Mass-Voll-Mitglieder Opfer von Hass und Gewalt von Juso-Mitgliedern würden. «Juso-Mitglieder haben in Wohlen wie auch in Liestal vermummt ältere Menschen hinterrücks angegriffen», sagt Rimoldi. «Wir fordern die Juso auf, sich von Extremismus und Gewalt in den eigenen Reihen zu distanzieren». So könne man zurück zu einem sachlichen und fairen Diskurs finden.
Ein Satz, den Juso-Präsidentin Ronja Jansen mit umgekehrten Vorzeichen ebenfalls hätte sagen können. Die Demos in Liestal, Wohlen oder auch Chur waren nicht von Mass-Voll, sondern von «Stiller Protest» organisiert worden. Entsprechend waren diverse Gruppierungen vor Ort: Esoteriker, Antisemiten oder auch Flacherdler. «Natürlich waren nicht alle Menschen an der Demo in Liestal Nazis», räumt Jansen ein. «Aber auch indem man still mit Rechtsextremen marschiert setzt man ein gefährliches Zeichen.»
Dass Rimoldi andeute, Mitglieder ihrer Partei könnten gar gewalttätig geworden sein, will sie so nicht stehen lassen. «So lange kein Juso-Mitglied angeklagt worden ist, ist es unhaltbar, so etwas zu behaupten.» Entsprechend habe sie keine Ahnung, was er mit seiner Aussage gemeint haben könnte: «Auch bei den Jusos im Aargau und Baselland konnte man mir nicht weiterhelfen.» Wenn schon, dann umgekehrt: «Ich weiss nur, dass Juso-Mitglieder von Rechtsradikalen verfolgt wurden und in ein Haus flüchten mussten.»
Rechtliche Schritte angedroht
Der Angriff der Juso richtet sich gegen «Mass-Voll und Co»: Rimoldi und seine Mitstreiter werden in die Verantwortung genommen für die gesamte Anti-Massnahmen-Bewegung. Unterdessen geht es schon um sehr viel: Erstens eben Streit um Mitläufer und Trittbrettfahrer. Zweitens der inhaltliche Schlagabtausch über Sinn und Unsinn von Massnahmen.
Drittens um die Vormachtstellung als politische Jugendbewegung. Nun kommt aber allenfalls ein weiterer, juristischer Punkt hinzu: Das auf Instagram verwendete Gruppenfoto der Mass-Voll-Mitglieder. «Das Hintergrundbild haben sie von uns ohne Erlaubnis verwendet», stellt Rimoldi klar. «Wir überlegen uns rechtliche Schritte.»