Kampfjet: Aufsicht kritisiert Auswahlverfahren
Der Bundesrat schränkte sich beim Auswahlverfahren für den neuen Kampfjet unnötig stark ein, so die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bericht Evaluationsverfahren der Kampfflugzeug-Beschaffung wurde veröffentlicht.
- Die GPK-N kritisiert darin den fehlenden Handlungsspielraum.
- An der technischen Evaluation hat die Aufsicht aber fast nichts auszusetzen.
Rechtmässig, aber nicht zweckmässig: So lautet das Urteil der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) über das Evaluationsverfahren für den neuen Kampfjet. Der Bundesrat habe von Beginn an seinen Handlungsspielraum unnötigerweise eingeschränkt, lautet das Fazit.
Politische Gegengeschäfte beim Kampfjet ausgeklammert
2021 gab der Verteidigungsministerin Viola Amherd die Wahl des Bundesrats bekannt: der F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin. Bei der technischen Evaluation durch das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) stellte die GPK-N keine wesentlichen Mängel fest. Die Arbeit des Verteidigungsdepartements und des Gesamtbundesrats wird im Bericht aber als «teilweise unzweckmässig» bezeichnet.
Die Rahmenbedingungen seien zu Beginn des Verfahrens ohne vertiefte Prüfung festgelegt worden. Am Ende habe die Landesregierung aussenpolitische Aspekte nicht in die Entscheidung einbeziehen können.
Frankreich hatte Medienberichten zufolge politische Gegengeschäfte angeboten. Falls sich die Schweiz für den Kampfjet Rafaele entschieden hätte, hätte sie durch Macrons Regierung Unterstützung bei der EU erhalten. Auch soll Frankreich bereit gewesen sein, Steuereinnahmen durch Grenzgänger an die Schweiz zu überweisen.
«Bedenkliches» Vorgehen
Dass der Bundesrat bei Kampfjet-Wahl politische und wirtschaftliche Überlegungen ausgeklammert habe, sei das «Hauptproblem des Beschaffungsverfahrens».
«Bedeutsame Gegengeschäfte» seien nicht einbezogen worden. Welcher Kampfjet der beste gewesen wäre, könne so nicht beurteilt werden. Dass der Bundesrat den Handlungsspielraum nach der technischen Evaluation nicht diskutiert habe, sei «bedenklich».
Amherds verspätete Kommunikation
Auch gegenüber Verteidigungsministerin Amherd spart die GPK-N nicht mit Kritik. Selbst dem VBS sei lange nicht klar gewesen, welchen Handlungsspielraum der Bundesrat hatte. Amherd habe hierzu im Bundesrat widersprüchlich informiert. Auch sei die späte Informierung der anderen Bundesräte über die Wahl «nicht zweckmässig» gewesen.
Verschiedene Departemente hätten mit Herstellerländern über Lösungen verhandelt. Dabei sei zu diesem Zeitpunkt schon klar gewesen, dass der F-35-Jet oben hinausschwingen würde. «Dadurch wurden politische Verstimmungen auf zwischenstaatlicher Ebene in Kauf genommen.»
Bundesrat äussert sich im Dezember zum Bericht
Fast nichts auszusetzen hat die GPK-N an der technischen Evaluation. Armasuisse habe die nötigen Massnahmen getroffen, um ein objektiviertes, nachvollziehbares Verfahren sicherzustellen, heisst es im Bericht. Nur teilweise nachvollziehbar sei aber, weshalb Armasuisse auf Erfahrungsberichte anderer Länder verzichtet habe.
Insgesamt formulierte die GPK-N fünf Empfehlungen an den Bundesrat. Dieser wird bis Mitte Dezember zu den Erkenntnissen und Empfehlungen Stellung nehmen.
Im Parlament ist die Beschaffung der 36 neuen F-35-Kampfjets auf Kurs. Wie der Ständerat drängt auch die zuständige Nationalratskommission auf eine rasche Unterschrift unter die Kaufverträge. Ein definitiver Entscheid steht jedoch noch aus. Die Kommission will erst am Montag – im Lichte des aktuellen Berichts – ihre Anträge verabschieden.