Karin Keller-Sutter eröffnet Schlacht gegen Begrenzungsinitiative
Bundesrätin Karin Keller-Sutter tritt heute vor die Öffentlichkeit. Mit den Sozialpartnern läutet sie den Kampf gegen die Begrenzungsinitiative der SVP ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP will mit der Begrenzungsinitiative die Zuwanderung reduzieren.
- Bundesrat und Parlament sind aus wirtschaftlichen Gründen dagegen.
- Bundesrätin Keller-Sutter nimmt die Debatte heute nochmals auf.
Die Pressekonferenz ist beendet. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte:
- Bundesrat, Parlament und Sozialpartner sprechen sich klar gegen die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» aus.
- Eine Annahme hätte schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze und den Wohlstand in der Schweiz – dies zu einem Zeitpunkt, in dem die Wirtschaft Stabilität und Perspektiven braucht.
- Auch stehe der bewährte bilaterale Weg mit der EU auf dem Spiel. Denn als Teil der Bilateralen I ist das Freizügigkeitsabkommen eng mit sechs weiteren, für die Wirtschaft zentrale Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) verknüpft.
- Der Bundesrat will das inländische Arbeitskräftepotenzial auf anderem Weg unterstützen und fördern. In Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern hat der Bundesrat beispielsweise Massnahmen beschlossen, mit denen die Chancen insbesondere von älteren Personen auf dem Arbeitsmarkt erhöht werden, zum Beispiel mit Job-Coaching oder gezielter Aus- und Weiterbildung.
10.40: Zum Abschluss betont Keller-Sutter nochmals: Ein internationaler Handel könne in einem direkt-demokratischen Raum nur aufrecht erhalten werden, wenn man auch soziale Massnahmen trifft, um Ungleichheiten zu vermeiden.
10.33: Was passiert mit dem Schweizer Arbeitsmarkt, wenn die Begrenzungsinitiative angenommen wird? «Wir haben keine konkreten Pläne», erklärt Valentin Vogt. Eine Annahme der Initiative wäre der «Super-Gau».
Hans-Ulrich Bigler fügt hinzu: «Wir würden mit einer Annahme die aktuelle Krise verschärften.» Viele Arbeitsplätze würden wegfallen.
10.20: Keller-Sutter spricht noch die Problematik im Tourismus an: «Wenn die Personenfreizügigkeit fällt, wird es auch relativ schwierig werden, Schengen/Dublin aufrecht zu erhalten.»
Der Grund: Viele Touristen, die in kurzer Zeit viele Länder bereisen, «sparen dann das Land aus, das nicht vom Schengen-Visum erfasst ist», befürchtet Keller-Sutter.
10.16: Was ist, wenn die Begrenzungsinitiative angenommen wird? «Dann müsste man innerhalb eines Jahres eine Einigung finden», sagt Keller-Sutter. Das verlange der Initiativtext – doch realistisch sei das nicht. Der Grund: Man wolle ja nur die Personenfreizügigkeit kündigen, und nicht sämtliche Verträge der Bilateralen I.
10.10: Die nächste Frage: Gibt es Berechnungen, wie viel die Wirtschaftsleistung sinken würde bei einer Kündigung der Personenfreizügigkeit? «Ja», meint Keller-Sutter und verweist auf eine Seco-Studie aus dem Jahr 2015. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) würde demnach in weniger als 20 Jahren 5 bis 7 Prozent tiefer liegen, als 460 bis 630 Milliarden Franken.
10.05: Zu Beginn der Fragerunde wird Keller-Sutter mit dem Argument der SVP konfrontiert, mit der Begrenzung der Zuwanderung könne man Arbeitsplätze sichern.
Eines ist sicher: «Wenn man diese Krise verschärfen will, dann kappt man den Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt», so Keller-Sutter. «Es ist schon etwas eigenartig, wenn man jetzt 15 Milliarden in Notkredite investieren, wenn wir dann auf der anderen Seite sagen, den Zugang zum EU-Binnenmarkt lassen wir mal.»
Die Fragerunde beginnt
09.58: Der Präsident von Travail.Suisse, Adrian Wüthrich, findet: «Die Schweizer hat vor allem dank den bilateralen Verträgen die Corona-Krise besser und schneller überwunden.»
Für Wüthrich steht fest: «Die Kündigungsinitiative ist arbeitnehmerfeindlich.» Der Grund: Mit der Aufhebung der Personenfreizügigkeit würden auch die flankierenden Massnahmen und damit der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen aufs Spiel gesetzt. Zudem gefährde die Initiative Arbeitsplätze und verlangsamt die wirtschaftliche Erholung nach Corona.
09.51: Auch der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, unterstrich die Bedeutung der Bilateralen Verträge mit der EU: «Seit Einführung der Bilateralen Verträge haben in der Schweiz nicht nur die Reallöhne signifikant zugenommen, sondern es wurden auch deutlich mehr Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen.»
Als Beispiel nennt er das Landwirtschaftsabkommen, dies sei ein «riesiger Erfolg». So exportiere die Schweiz heute 40 Prozent mehr Käse als vor dem Abkommen. Und von der engen Einbindung in Forschungsprojekte profitierten auch die KMUs.
09.47: Nun übernimmt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, das Wort. Er weist daraufhin, dass sich gerade in der Corona-Krise die Systemrelevanz der KMU gezeigt habe. Schliesslich seien 99 Prozent der Schweizer Unternehmen KMUs, so Bigler.
Es sei deshalb unverantwortlich den KMU den Zugang zu einem wichtigen Fachkräftepool zu verbauen. «Die Personenfreizügigkeit ist deshalb wichtig für den Fachkräftepool und für die KMUs». appelliert Bigler.
09.44: Nun ist Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, an der Reihe. Er stellt klar: Die SVP wolle mit der Initiative nicht primär die Zuwanderung beschränken. Vielmehr gehe es um die Abschaffung der Personenfreizügigkeit.
«Die Initiative würde es schwieriger machen, sozial und wirtschaftlich aus der Krise zu kommen und den Druck auf die Löhne für allen erhöhen», sagt er. Deshalb spricht auch er sich mit voller Kraft gegen die Initiative aus.
09.42: «Bundesrat und Parlament lehnen deshalb die Initiative ab», so Keller-Sutter. Das gleiche gelte für die Sozialpartner.
09.40: Bundesrätin Keller-Sutter hebt auch hervor, dass die Schweizer Volkswirtschaft auch wegen des bilateralen Weges vor der Corona-Krise hervorragend aufgestellt und die Arbeitslosigkeit tief war.
Es gebe deshalb nun ein gemeinsames Ziel: «Die Wirtschaft soll sich jetzt so rasch wie möglich erholen können und so konkurrenzfähig werden wie vor der Krise. Es geht darum, unsere Arbeitsplätze und damit unseren Wohlstand zu sichern», sagte Karin Keller-Sutter. Dazu bräuchten die Unternehmen Stabilität und sicher keine riskanten Experimente.
09.38: «Diese Abkommen sind der Kern», so Keller-Sutter. Dank den bilateralen Verträgen mit der EU hätten die Schweizer Unternehmen, insbesondere die KMU, einen direkten Zugang zu ihrem wichtigsten Markt. Und ohne diesen Zugang wären sie weniger konkurrenzfähig und der Handel mit der EU wäre erschwert.
09.36: Weiter betont die Bundesrätin die wichtige Vernetzung der Schweiz. Als Teil der Bilateralen I sei das Freizügigkeitsabkommen eng mit sechs weiteren, für die Wirtschaft zentrale Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) verknüpft. Es stehe deshalb der bewährte bilaterale Weg mit der EU auf dem Spiel.
09.34: Keller-Sutter spricht sich klar gegen die Initiative aus. Sie betont aber auch: Der Bundesrat wolle nur so viel Zuwanderung wie nötig. Er unterstütze und fördere deshalb das inländische Arbeitskräftepotenzial gezielt mit verschiedenen Massnahmen, nicht aber mit der Begrenzungsinitiative.
09.31: Bundesrätin Karin Keller-Sutter erhält als erstes das Wort. Sie erklärt gleich zu Beginn, dass die Abstimmung ursprünglich am 17. Mai vorgesehen war, aufgrund der Corona-Krise aber verschoben werden musste.
09.30: Pressekonferenz beginnt
Heute macht die Schweiz einen weiteren grossen Schritt in Richtung Normalität. Veranstaltungen mit bis zu 1000 Personen sind wieder erlaubt, die mitternächtliche Sperrstunde sowie die Home-Office-Empfehlungen sind aufgehoben, und auch der Sicherheitsabstand von 2 Metern reduziert sich auf 1,5.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter nimmt dies zum Anlass, um die wegen Corona aufgeschobene Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» ins Visier zu nehmen.
Gemeinsam mit dem Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbund Pierre-Yves Maillard, dem Direktor des Schweizerischen Gewerkschaftsbund Hans-Ulrich Bigler, dem Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband Valentin Vogt und dem Präsidenten von Travail.Suisse Adrian Wüthrich informiert sie über die wichtigsten Punkte.
Schweiz am Scheideweg
Und darum geht es: Die Schweizerische Volkspartei (SVP) sieht die Zuwanderung als Bedrohung für den Schweizer Arbeitsmarkt und die Sozialkassen. Deshalb will sie den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte eindämmen und das Abkommen über den freien Personenverkehr (FZA) mit der EU beenden. Geht es also nach den Initianten, soll die Schweiz künftig wieder eigenständig über die Zuwanderung entscheiden.
Der Bundesrat wiederum befürchtet schwerwiegende Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Er sprich von Verdrängungen der inländischen Arbeitskräfte, Lohndumping und einer Zunahme der Sozialleistungsbezüge. Folglich lehnten Bundesrat und Parlament die Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Am 27. September entscheidet nun das Volk.