«Keine Krise»: Spital-CEO sorgt für Kontroverse im Bundeshaus
Der Direktor einer Privatklinik sieht die Schweizer Intensivstationen im «Normalbetrieb» und sorgt für eine Kontroverse im Parlament.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bild werde zu düster gemalt, sagt der Direktor einer Zürcher Privatklinik.
- Die Auslastung der Intensivbetten bewege sich auf normalem Niveau.
- Die SVP fühlt sich durch diese Aussage bestätigt, bei der SP schüttelt man nur den Kopf.
Wird die Lage auf den Intensivstationen dramatisiert? Das sieht zumindest Marc Elmiger so, der Direktor der Privatklinik Bethanien in Zürich. «In der Summe erkenne ich keine Gesundheitskrise in der Schweiz», schliesst Elmiger; das Bild werde zu düster gemalt. Selbst wenn: Dann könnte seine Klinik immer noch Betten umfunktionieren und die Rega Patienten verlegen.
«Gemauschelt, um Panik aufrechtzuerhalten»
Nicht erstaunt über solche Aussagen ist SVP-Nationalrat Thomas Matter. Er habe schon lange das Gefühl, dass bei Intensivbetten – inklusive Personal – gemauschelt werde. «Vor allem auch, dass dies vom BAG benutzt wird, um eine gewisse Panik aufrechtzuerhalten.»
Matter sieht nicht eine Corona-, sondern eine Führungskrise des Bundesrats. Das Gesundheitsdepartement von Bundesrat Alain Berset könne zwar Restaurants schliessen. «Aber wenn es um Intensivbetten geht, soll er keinen Einfluss haben, weil er es immer an die Kantone abschiebt? Das kann nicht sein», findet Matter.
SP-Wasserfallen: «Schön wärs!»
Von SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen erhält Matter nur in einem Punkt Zustimmung. «Es stimmt, dass wir in den letzten Jahren immer mehr Druck aufs Personal hatten und dort auch abgebaut wurde.»
Aber mit besserer Organisation statt Panikmache zu mehr Intensivbetten? «Schön wärs», seufzt Wasserfallen. Sie sei sich sehr sicher, dass die Situation besorgniserregend sei, das hätten ihr Betroffene und Spitäler bestätigt.
Gerade gestern habe sie sich mit der Präsidentin des Verbands der Intensivpflege ausgetauscht. Fazit: Die Personaldecke wird dünner und dünner, minus 10 bis 15 Prozent seit Beginn der Pandemie. «Die Leute sind krankgeschrieben, haben gekündigt, sind zum Teil in der Quarantäne.»
Breit abgestützte Forderung nach Vorgaben für Kantone
Matters Forderung, der Bund müsse die Kantone zu mehr Intensivpflege-Kapazitäten verpflichten, stösst dagegen bei Mitte-Links auf offene Ohren. «Wir haben das wiederholt auch in der Gesundheitskommission gefordert», bestätigt Wasserfallen.
Sowohl die Grünen wie auch die Grünliberalen haben soeben entsprechende Vorstösse im Parlament eingereicht. Der Bundesrat solle die Kantone zu Mindeststandards bei der Personaldotation verpflichten, aber auch finanziell mithelfen, zum Beispiel bei den Löhnen.
Einziger Haken: «Das ist eine langfristige Geschichte», betont Wasserfallen. Entscheidend seien die Arbeitsbedingungen: «Denn wenn die Leute ausgebildet werden und nachher aus dem Beruf aussteigen, dann haben wir wirklich ein Problem.»
Geld ist kein Problem, Mangel an Intensivbetten schon
Kein Problem sei indes das Geld, findet Thomas Matter: «Wir haben jetzt 40 Milliarden ausgegeben in der Corona-Krise. Wenn wir 200-300 Betten mehr hätten, inklusive Personal, wie vor der Pandemie, hätten wir viele Massnahmen gar nicht ergreifen müssen.» Hätte man aber nicht schon letztes Jahr mit dem Aufbau von Personal anfangen sollen?
«Ja, absolut!», betont Matter. Er habe Verständnis dafür, dass dem Faktor Intensivbetten Beachtung geschenkt werde. «Aber jetzt fährt man diesen Bestand herunter, während einer Krise – das ist für mich absolut unverständlich.»
Unverständlich ist für Wasserfallen vor allem, wie man zum Schluss kommen könne, dass keine Krise herrsche auf den Intensivstationen. Sie stütze sich auf Behördenangaben und die Aussagen der Universitätsspitäler, die ja vor allem die schweren Fälle hätten. «Und um diese geht es ja auch.»