KMU-Zoff zwischen Bald-Chefs Cédric Wermuth & Balthasar Glättli
Der künftige Grünen-Präsident Balthasar Glättli stimmte bei der KMU-Soforthilfe plötzlich anders als sein künftiger SP-Amtskollege Cédric Wermuth.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einem Ordnungsantrag kippt der Nationalrat die Soforthilfe für KMUs aus dem Programm.
- Dafür stimmte auch Balthasar Glättli von den Grünen, zum Ärger der SP.
- Glättli, Bald-Chef der Grünen, desavouierte damit den Bald-Co-Chef der SP, Cédric Wermuth.
Balthasar Glättli von den Grünen, Cédric Wermuth von der SP: Beide links, beide im Nationalrat, beide ziemlich sicher bald Parteipräsident. Politisch praktisch deckungsgleich, aber heute macht der eine dem anderen einen Strich durch die Rechnung. Stimmt doch Glättli beim Aufreger des Tages mit den Bürgerlichen. Hilft mit, einem FDP-Ordnungsantrag gegen Wermuths Ordnungsantrag zu einer knappen Mehrheit zu verhelfen – nachdem er gestern noch anders gestimmt hatte.
Streitpunkt Soforthilfe für KMU und Selbständige
Am Thema beissen sich die Parlamentarier bereits seit Wochen die Zähne aus. Der Bundesrat erlaubt zwar zahlreiche Dinge im Veranstaltungsbereich theoretisch wieder. Praktisch können viele Künstler und Veranstalter immer noch nicht arbeiten, aber die Soforthilfe hat der Bundesrat ebenfalls schon wieder aufgehoben. Von links bis rechts ist man im Parlament irritiert, doch eine Lösung ist nicht in Sicht.
SPler Cédric Wermuth brachte gestern einen Ordnungsantrag durch, dass der Nationalrat noch diese Session über eine Fortführung der Zahlungen beraten solle. Obwohl der Bundesrat dazu noch nicht Stellung genommen hat. Genau das gehe aber gemäss Parlamentsgesetz eben nicht, fand die FDP und stellte heute flugs einen Gegenantrag. Der kam ebenfalls durch: «Es ist ein Frust», klagt Wermuth, die Hoffnungen zerschlagen «aus nicht nachvollziehbaren Gründen».
«Wenn man falsch einspurt…»
Die Gründe nennt dafür Glättli: Das Parlament sei an sich selbst schuld. Es hätte die Fristen für neue Anträge im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kürzen können. Es hätte eine Notverordnung beschliessen können.
Sich über die eigenen Regeln – Fristen, Anhörung des Bundesrats – hinwegsetzen, das gehe aber nicht. «Wenn man falsch einspurt, muss man sich halt an die Signale halten, die auf dieser Wegstrecke sind.» Glättli hält die Rechtsstaatlichkeit hoch, während Wermuth findet, an einem Halbsatz im Parlamentsgesetz dürfe nicht die Hilfe an Zehntausende Firmen scheitern.
Ein Theater nach dem anderen
Wermuth wirft Spielverderber Glättli vor, genau das zu machen, was die Event-Veranstalter nicht können: Ein Theater. Das lässt dieser nicht auf sich sitzen, denn Wermuths Vision wäre ja ebenso ein Theater gewesen. «Die Wahrscheinlichkeit ist quasi bei Null, dass all das passiert wäre, was hätte passieren müssen.» Innerhalb einer Session die Traktandenliste, Kommissionssitzungstermine und Meinungen in beiden Räten abzugleichen: Eine bühnenreife Vorstellung.
Viel Geschirr zerschlagen also noch vor Amtsantritt der künftigen Parteioberen? Oder kann man noch ein Bier zusammen trinken und gemeinsame Pläne schmieden? «An mir solls nicht liegen», sagt Glättli, «das wird sicher eine Aussprache brauchen» mahnt dagegen Wermuth.
«Aber, in der Sache sind wir einig», betont Glättli: «Der Bundesrat macht einen Fehler». Wie und von wem dieser auszubügeln ist, da herrscht Uneinigkeit bei den Linken.