Berset überlässt Kantonen Spielraum beim Alkoholverbot
Der Bundesrat stellt seine Rahmenbedingungen für Grossveranstaltungen vor. Damit die 1000er-Grenze fallen kann, braucht es kein zwingendes Alkoholverbot.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat die Rahmenbedingungen für die Durchführung von Grossanlässen festgelegt.
- Es soll kein striktes Alkoholverbot gelten, der Ausschank kann aber eingeschränkt werden.
- In der Medienkonferenz erläutert Bundesrat Alain Berset die Erwägungen der Regierung.
Dass die sogenannte 1000er-Regel fallen soll, haben viele begrüsst: Fussballspiele, Open-airs, aber auch Indoor-Veranstaltungen sollten wieder in gewissem Rahmen möglich sein. Doch viele setzten ein grosses «Aber…» hinter die Ankündigung des Bundesrats vom 12. August.
Wie genau soll das umgesetzt werden? Wie viele Stuhlreihen müssen leer bleiben, sollte es nicht ein Alkoholverbot geben? Heute präsentiert.der Bundesrat die Ergebnisse aus der Vernehmlassung und seine Entscheide.
Alkohol im Zentrum
Am umstrittensten sein dürfte das Traktandum Alkohol in Stadien sein. Dieses war von den Kantonen angedacht und offenbar von Gesundheitsminister Alain Berset im Bundesrat beantragt worden. Bürgerliche Politiker mit Fussball-Affinität hatten dagegen bereits Widerstand angekündigt.
Daneben sind Details zu den Kapazitätsbeschränkungen Thema. Nur Sitzplätze in den Stadien, die nur mit gewissem Abstand belegt sein dürfen. Dass Masken obligatorisch sein werden, war für den Bundesrat indes schon lange klar.
Das sind die Grundsätze
Zunächst zum Alkohol: Der Bundesrat ziert sich um eine strikte Regelung. «Der Verkauf und die Konsumation von alkoholischen Getränken sind soweit zu beschränken, dass die Einhaltung des Schutzkonzepts durch die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht gefährdet wird.» Lies: Die Kantone sollen entscheiden. Der Bundesrat verweist dabei auf die Schutzkonzepte der Swiss Football League bzw. der Swiss Ice Hockey Federation.
Gleichzeitig betont der Bundesrat, die Kriterien für die Bewilligung einer Grossveranstaltung seien streng. Einerseits sei die epidemiologische Lage im Kanton oder in der betroffenen Region entscheidend. Andererseits muss der Kanton über die notwendigen Kapazitäten für das Contact Tracing verfügen.
Keine Stehplätze und Maskenpflicht
Gästesektoren gibt es nicht, grundsätzlich gilt eine Sitzplatzpflicht. Die Kantone können ausnahmsweise Stehplätze bewilligen. Dazu zählt der Bundesrat Freiluftveranstaltungen wie Ski-, Langlauf- oder Radrennen. Aber auch Dorffeste – sofern sie im freien Gelände stattfinden.
Nebst dem Thema Alkohol gilt für den Gastronomiebereich in Stadien ebenfalls Sitzpflicht. Auch in Stadien gilt eine Maskenpflicht und es dürfen höchstens zwei Drittel der verfügbaren Sitzplätze besetzt werden. Dies gilt sowohl in Freiluftstadien wie in Hallen, im Einzelfall entscheiden die Kantone über die Belegung.
Die Medienkonferenz im Ticker
Zum Schluss wird Berset noch gefragt, ob er den zufrieden sei mit dem soeben Präsentierten. Schliesslich war ja durchgesickert, dass er eigentlich andere Regelungen bevorzugt hätte.
Berset antwortet diplomatisch-kollegial. Man habe im Vorfeld mit sehr vielen verschiedenen Szenarien gearbeitet. Relevant sei aber nicht sein Wunsch, sondern der Entscheid des Bundesrats. Und mit diesem könne er sehr gut leben.
Temperaturmessung und Sitzplatzeinbau
15:50 Warum ist keine Temperaturmessung in den Stadien vorgesehen? Das BAG hält das nicht für sehr sinnvoll, unter anderem darum, weil mit Medikamenten das Fieber auch aktiv gesenkt werden kann.
Gerade für einige Challenge-League-Clubs dürfte es sehr aufwändig werden, ihre reinen Stehplatz-Stadien auf Sitzplätze umzurüsten. Wie soll man sich dies vorstellen? Berset betont, dass der Bundesrat bei seinen Entscheiden eng den Vorschlägen der Ligen gefolgt sei. Diese hätten sich sicher dazu auch Gedanken gemacht.
15:45 Zuwiderhandlungen muss «in angemessener Weise begegnet werden». Was heisst das, wenn eine ganze Gruppe sich weigert, die Maske anzuziehen? Man unterscheide zweierlei Situationen, sagt der Rechtsexperte vom BAG.
Einerseits ganze Sektoren, die sich nicht an die Regeln halten. Dort sei vorgesehen, dass die Ordnungskräfte die Regeln in Erinnerung rufen. Im zweiten Fall – Weigerung – könne man die betreffenden Personen mit Stadionverbot belegen. Bussen seien keine vorgesehen.
15:43 Warum macht man keinen Unterschied zwischen Freiluftstadien und Hallen? Beide dürfen zu zwei Dritteln gefüllt werden. Dies sei aus Gründen der Verständlichkeit so. Die Sitzpflicht reduzieren zudem schon die Anzahl der möglichen Zuschauer stark. So haben man am Schluss keine grossen Differenzen mehr zwischen Innen- und Aussen-Veranstaltungen.
15:40 Was ist mit Heimspielen des FC Vaduz, gelten dort die gleichen Regeln? Berset kommt zunächst etwas ins Schwimmen, hält dann aber fest: «Ich glaube, Lichtenstein ist ein Staat.» Die Situation einer Liga, die über mehrere Staaten spanne, sei nicht einmalig auf der Welt.
Lichtenstein entscheide unabhängig, was für seine Stadien gelte. Der Experte des Bundes bestätigt, dass dies so korrekt sei. «Das war jetzt meine Jura-Prüfung», atmet Berset erleichtert auf.
Es gibt kein Alkoholverbot
15:35 Berset wird gebeten, den «Kompromiss» beim Alkoholausschank näher zu erläutern. Was heisst «Einhaltung des Schutzkonzepts nicht gefährdet»? Berset versucht es mit Humor: «Wenn man zu viel trinkt, kann man das Schutzkonzept nicht einmal mehr lesen». Er stellt klar, dass es mit der Formulierung des Bundesrats kein Alkoholverbot gebe. Aber es gebe die Möglichkeit für die Kantone, zu reagieren.
15:33 Wer muss in Quarantäne – der Sitznachbar oder das halbe Stadion? Grundsätzlich diejenigen, die näher als anderthalb Meter waren. Im Detail müsse das der Kanton entscheiden.
Die Frage nach den Masken: Warum in den Stadien, wenn doch die Distanzregeln ebenfalls eingehalten werden müssen? Das sei eben kein Vergleich zum Beispiel zu Messen, wo die Besucherströme gezielter geleitet werden könnten, sagt Berset. Denn im Stadion, während Pausen, sowie vor und nach dem Spiel habe man sehr grosse Menschenansammlungen.
15:25 Grossveranstaltungen werden ab dem 1. Oktober wieder möglich. Es sei klar, dass Sport- und Kultur-Events wichtig seien für das Land. Der Bundesrat wisse, dass es für die Veranstalter schwierig sei. Denn diese benötigten Planungssicherheit.
Man wisse nicht, wie die Lage längerfristig aussehen werde. Zur Zeit habe man eine Verdopplung der Ansteckungszahlen alle vier bis sechs Wichen. Es gelte, eine Balance zu finden zwischen Öffnung für die Gesellschaft und Beibehalten der Kontrolle über die Pandemie.
Fussball und Eishockey
15:20 Berset betont, dass man bezüglich Sitzplätzen, Maskenpflicht etc. grosso mode den Vorschlägen und Schutzkonzepten der Verbände folge. Ziel sei es, eine gewisse Einheitlichkeit bei den nationalen Ligen zu schaffen, aber auch die Möglichkeit für Ausnahmen.
Den Alkohol streift Berset nur kurz: Hauptsache, die Regeln werden eingehalten. Bewilligungen können auch kurzfristig wieder zurückgezogen werden. Schadenersatz gibt es dann keinen.
Zuständig sind die Kantone
15:18 Zurück zum Hauptpunkt der heutigen Entscheide: Den Grossveranstaltungen. Erneut verweist Berset für die Entscheide beziehungsweise die Bewilligungen auf die Kantone. Diese müssten insbesondere auch in der Lage sein, einen Anstieg der Ansteckungen zu managen. Das heisst, eine Grossveranstaltung kann zwar formell die Bewilligungskriterien erfüllen, aber der Kanton kann trotzdem Nein sagen.
Wichtig sei unter anderem auch, dass festgestellt werden könne, ob die Kontaktdaten von Besuchern tatsächlich korrekt seien.
«Man kann nicht von zweiter Welle sprechen»
15:15 Die Lage sei weiterhin fragil, aber unter Kontrolle. Aber man könne wohl nicht von einer zweiten Welle sprechen, findet Berset, gibt aber zu, dass er nicht Epidemiologe sei. Die Massnahmen und Kontrollen seien weiterhin wichtig.
Bezüglich Contact Tracing sei man im engen Austausch mit den Kantonen. «Es braucht die Zusammenarbeit von jedem und jeder», streicht Berset heraus. Von Hygienemassnahmen bis zum Contact Tracing.
15:10 Zunächst gibt es eine Reihe von Fragen zu den Quarantänemassnahmen und den Plänen insbesondere gegenüber Frankreich. Dabei lassen sich Bundesrat Alain Berset und BAG-Experte Stefan Kuster aber nicht aufs Glatteis heraus.
Zur Aufhebung der 1000-er Regel betont Berset zunächst, dass damit auch Demonstrationen mit über 1000 Personen wieder möglich werden. Die Verantwortung der Veranstalter sei aber sehr hoch.