EU

Cassis & Co. präsentieren die Fakten zum EU-Deal

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Ziele erreicht: So lautet das Fazit des Bundesrats zum Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. Drei Bundesräte nehmen dazu Stellung.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat präsentiert die Ergebnisse der Verhandlungen mit der EU.
  • Alle Verhandlungsziele seien erreicht worden.
  • Das EU-Paket soll auf vier Vorlagen aufgeteilt werden.

Der Bundesrat sei zufrieden: Die Schweizer Delegation unter der Leitung von Chefunterhändler Patric Franzen habe die im Verhandlungsmandat festgesetzten Ziele erreicht. Damit ist der materielle Abschluss der Verhandlungen erreicht; im Frühling 2025 soll der formelle Abschluss stattfinden. Erst dann werden die endgültigen Abkommenstexte durch die beiden Chefunterhändler paraphiert.

Bis dahin sollen die Dokumente rechtlich bereinigt und deren Übersetzung weitergeführt werden. Gleichzeitig sollen mit Kantonen und Parlament sowie den Sozial- und Wirtschaftspartnern auf innenpolitischer Ebene Gespräche zu Ende geführt werden.

Fremde Richter & Co.: Das sind die Eckpunkte

Die beiden in den letzten Tagen durchgesickerten Punkte werden heute bestätigt: Der Betrag, den die Schweiz jährlich für den Zugang zum Binnenmarkt zahlen soll, beläuft sich auf 350 Millionen Franken. Und der Bundesrat beabsichtigt, das EU-Paket auf vier Vorlagen aufzuteilen: Die Bilateralen, das Stromabkommen, die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit.

von der Leyen Amherd
Bundespräsidentin Viola Amherd (rechts) spricht mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während ihrem offiziellen Besuch in der Schweiz zum Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. - keystone

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Streitbeilegung. Diese soll weiterhin zuerst in den Gemischten Ausschüssen des betroffenen Abkommens. Einigt man sich nicht, kommt ein Schiedsgericht zum Zug. Dieses soll paritätisch zusammengesetzt sein.

«Fremde Richter» sollen nur dann ins Spiel kommen, wenn es auch um «fremdes Recht» geht. Wenn es um die Auslegung von EU-Recht geht – was dann für die ganze EU von Belang wäre – muss das Schiedsgericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beiziehen. Entscheiden soll aber immer noch das Schiedsgericht.

Schweiz - EU-Abkommen
Fähnchen der EU und der Schweiz stehen im Nationalratssaal. (Archivbild) - dpa

Die dynamische Rechtsübernahme soll nur im Bereich des Binnenmarkt-Abkommens gelten. Der Bundesrat betont: «Dynamisch» heisst nicht «automatisch». Die Schweiz könne jeweils selbst entscheiden, wie sie neues EU-Recht im Schweizer Recht abbildet.

Sollte die EU damit nicht zufrieden sein, kann sie allerdings in diesem oder einem anderen Binnenmarktabkommen Ausgleichsmassnahmen treffen.

Stromabkommen: Strommarkt wird geöffnet

Schweizer Akteure sollen mit dem Stromabkommen gleichberechtigt und hindernisfrei am europäischen Strombinnenmarkt teilnehmen können. Dies gelte auch für EU-Handelsplattformen, Agenturen und Gremien des Stromhandel, der Netzstabilität, der Versorgungssicherheit und der Krisenvorsorge.

energiepolitik schweiz
Ein Stromabkommen mit der EU wäre laut IEA für die Schweiz und die EU von Vorteil. (Symbolbild) - keystone

Der Schweizer Strommarkt wird geöffnet. Das bedeutet: Alle Schweizer Endverbraucherinnen und -verbraucher können dann den Stromlieferanten frei wählen. Wahlweise kann man aber auch in der Grundversorgung bleiben.

Das Stromabkommen beinhaltet auch Elemente zur Versorgungssicherheit, insbesondere im Falle einer Energiekrise. Weiter will man gemeinsam den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Hingegen enthält das Stromabkommen keine Vorgaben zum Wasserzins oder zur Vergabe von Konzessionen für Wasserkraftwerke. Hier behält die Schweiz demnach die bisherige Praxis bei.

Zuwanderung: «massgeschneidert»

Bei der Zuwanderung habe man Lösungen gefunden, mit welchen die Schweizer Anliegen umgesetzt würden. Die umstrittene Unionsbürger-Richtlinie werde lediglich massgeschneidert auf die Schweiz übernommen und mit einem wirksamen Schutzdispositiv verknüpft.

Beim Landesverweis habe man eine Ausnahmeregelung für die Schweiz vereinbart. So könne man die Bestimmungen der Bundesverfassung einhalten. Das in der EU geltende Daueraufenthaltsrecht nach fünf Jahren Aufenthalt stehe in der Schweiz nur Erwerbstätigen offen. Perioden vollständiger Sozialhilfeabhängigkeit zählten für die Berechnung der Fünfjahresfrist nicht.

Sind die Ergebnisse der EU-Verhandlungen vielversprechend?

Die Schweiz soll das Aufenthaltsrecht entziehen können, wenn sich jemand nicht um Erwerbsintegration bemüht und nicht mit den RAVs kooperiert. Beim Lohnschutz wird das bisherige Meldeverfahren beibehalten.

Bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen kann die Schweiz eine neu konzipierte Schutzklausel auslösen. Für Grenzgänger und beim Erwerb von Immobilien soll sich nichts ändern.

Weitere Elemente

In den Verhandlungen mit der EU ging es um zahlreiche weitere Bereiche, die zum Teil weniger umstritten sind. In all diesen Bereichen seien die Verhandlungsziele erreicht worden, hält der Bundesrat fest.

Die weiteren Bereiche sind: Gesundheit, Teilnahme an EU-Programmen, staatliche Beihilfen, Lohnschutz, Landverkehr, Luftverkehr, gegenseitige Anerkennung sowie Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit.

Kommentare

User #3128 (nicht angemeldet)

Nachdem in der Schweiz in den vergangenen Jahren mehrere Urteile aus Lausanne gerade im Sozialversicherungsgesetz auf Bundesebene komplett absurd entschieden wurden ( beispielsweise faktischer Medikamentenzwang für krankgeschriebene Personen, Wittwerrente, Konsumentenschutz, Reparaturzwang ) bin ich mir heute mehr und mehr sicher dass europäische Gerichte und Richter für die Schweizer Bürger die bessere Lösung sind als Schweizer Richter. Leider, denn es gibt viele Beispiele dafür, schade für die Schweiz.

User #5264 (nicht angemeldet)

Also für 350 Millionen hätte man schon mehr verlangen können und nicht immer nur abnicken.....

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