LKW vs. Aktivisten: Seid ihr alle high?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Klima-Aktivisten blockieren Strasse, Chauffeur wird hässig. Dann läuft es aus dem Ruder. Ein Kommentar.

Stralsund Klima-Aktivisten LKW
Klima-Aktivisten in Stralsund (D) bleiben sitzen, auch als der LKW wieder anfährt. - Screenshot Twitter

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein eskalierter Sitzstreik von Klima-Aktivisten in Deutschland sorgt für Aufregung.
  • Ein Lastwagen-Chauffeur ist absichtlich weitergefahren.
  • Die Reaktionen, auch in der Schweiz, gilt es einzuordnen. Ein Kommentar.

Eigentlich ist Stralsund weit weg, über tausend Kilometer sind es per Auto, im Norden Deutschlands. Wenn Sie lieber klimafreundlich im ÖV reisen, dauert es einen halben Tag ab Olten, mit maximal zweimal Umsteigen. Aber plötzlich ist uns Mecklenburg-Vorpommern ganz nah. Zunächst einmal denjenigen, die mit Klimafreunden nicht so viel am Hut haben.

Darf man sogenannten «Klimaklebern» eine kleben?

In Videos ist zu sehen, wie sich – einmal mehr – Aktivisten auf einer Strasse dem Verkehr in den Weg stellen. Worauf – einmal mehr – besagter Verkehr daran keine Freude hat. Ein Lastwagen «rast» auf die Blockade zu, stoppt im letzten Moment. Der Fahrer steigt aus und versucht, die störrischen Furchtlosen wegzuzerren, droht mit der Faust, steigt wieder ein, und…

aktivisten
Klimakleber der «Letzten Generation» blockieren auf einer Strasse in Berlin den Verkehr. (Symbolbild) - Keystone

Fährt einfach los. Schiebt einen der Jugendlichen einen Meter weit, aber geradesogut hätte er mit Dutzenden Tonnen zwei Menschen überrollen können. Ein Ausraster? Nein, meint prominenterweise zum Beispiel Werner Gartenmann, Geschäftsführer von «Pro Schweiz»: «Ich unterstütze den Chauffeur!»

Denn, findet offenbar nicht nur er, «diese Klimapickel» gehörten hart angefasst, sonst pünktlipünktlipünktli. Was jetzt natürlich mehrere Fragen aufwirft: Befürwortet Herr Gartenmann Gewalt gegen Andersdenkende, oder nur, wenn sie andere für ihn ausüben? Ist ein Klimapickel ein Werkzeug oder eine Entzündung in Form einer mit Eiter gefüllten Erhebung auf der Haut, gegen die auch das beste CO2-Gesetz machtlos ist?

Dann, die anderen so

Solche Fragen beschäftigen natürlich auch Grünliberale, vor allem erstere: Ist das Aufruf zu Gewalt, Anstiftung zu einer Straftat, also strafbar? Woraufhin wieder andere aufschreien: Die GLP nimmt Klimakleber in Schutz!

KLlimakleber Bernhard Guhl
Nur in Sachen «Ukraine» einig: Mitte-Politiker Bernhard Guhl schiesst scharf gegen das scharfe Geschütz der Grünliberalen gegen SVPler Werner Gartenmann. - Screenshot Twitter

Weil, die haben schliesslich angefangen. Mit ihrer passiv-aggressiven gewaltlosen Gewalt. Und zwar gewaltig! Ganz zu schweigen von den Eiterbeulen.

Geht es euch allen gut?

Liebe Leute: Jetzt mal halblang. Nein, es geht jetzt nicht darum, ob diese Art von Aktivismus sinnvoll oder kontraproduktiv ist. Es geht darum, auch bei 30 Grad im Schatten einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht einfach dem Klimawandel die Schuld in die Flipflops zu schieben.

Michelle Obama lebte acht Jahre als First Lady im Weissen Haus.
Michelle Obama lebte acht Jahre als First Lady im Weissen Haus. - imago/Agencia EFE

Wie eine grosse Frau einst sagte: «When they go low, we go high.” Wenn das Niveau der anderen unterirdisch wird, zeigen wir Grösse. Frei nach Michelle Obama, und die muss es wissen, schliesslich ist sie 180 Zentimeter gross. Auch wahr: Es ist einfacher gesagt als getan.

Verständnis: ja, aber

Es ist ein Unterschied, ob man eine Person mitten im Wutausbruch noch anfeuert oder ob man die Biographie des noch jungen Wutausbruchs nachvollziehen kann. Auch ohne eigene Chauffeur-Erfahrung kann man sich etwa denken: Da ist Zeitdruck, da ist Unverständnis gegenüber dem Unverständnis der reglos dasitzenden Unverstandenen. Da ist eine gewisse Hilflosigkeit und Ungeduld vis-à-vis der Polizisten, die tatenlos rumstehen als wären sie Bauarbeiter beim Sonnenschirmöffnen.

Befürworten Sie die Aktionen der Klima-Aktivisten?

Ist die Reaktion des Chauffeurs verständlich? Ja. Ist sie aber auch richtig? Wer könnte dies besser beantworten als der Emotions-Experte Sascha Ruefer: Nein.

In Gedanken in der Nachspielzeit

Es ist doch wie im richtigen Leben, sprich: beim Fussball: Wenn der Schiri Tomaten auf den Augen hat, nützt alles Reklamieren nichts. Wenn der Gegner schubst und kneift: Bloss kein Revanche-Foul, den dieses sieht man durch alle Tomaten hindurch trotzdem. Klar, da ist Druck, da sind Emotionen, da sind 90 Minuten plus Zusatzzahl in den Beinen, aber «das ist nicht professionell».

FC Luzern
Die Rote Karte gegen Mohamed Dräger vom FC Luzern sorgt für Diskussionen. - keystone

Ist Werner Gartenmanns Reaktion verständlich? Naja, immerhin ist er ein politischer Mensch, da sinkt unsere Toleranzschwelle. Sollten ihm grünliberale Gutmenschen deswegen das – womöglich nicht mal zuständige – Fedpol auf den Hals hetzen? Gut, aber erst, wenn der Rest der Welt gerettet ist.

Seien Sie wie Sascha

Unterstützt die GLP deshalb Klimakleber? Klares Nein: Das waren gar keine Klimakleber, denn Klimakleber rutschen nicht. Fake News.

sascha ruefer
Sascha Ruefer kann sich ein zweites Kind vorstellen. - keytone

Es sollten wirklich alle vermehrt auf Sascha Ruefer hören, er heisst ja nicht umsonst so. Will er weitere Kinder? Jetzt bloss nicht «waaas, noch mehr?!» sagen. Sondern, Emotionen beiseitelassen: «Sind sicher ein Thema

Also, reisst euch mal ein bisschen zusammen und eskaliert nicht immer gleich. Gopfertoorihueretamisiech.

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