Wollen wir Verkehrsschilder mit Mann & Hut oder Frau & Rock?
Erneut werden die eher männlichen Symbole auf Verkehrsschildern thematisiert. Kommentar zu einem heiklen Thema.
Das Wichtigste in Kürze
- Nationalrätin Manuela Weichelt (GPS/ZG) fordert weniger Männer auf Verkehrsschildern.
- In der Tat stimmt mit dem aktuellen Schilder-Sortiment so einiges nicht.
- Ein Kommentar.
Dass da irgendwas nicht ganz stimmen kann, realisiert jeder, der das Schild für «Fussweg» einmal genau betrachtet hat. Die Proportionen stimmen irgendwie nicht, ausser Dwayne «The Rock» Johnson ist schon im letzten Jahrtausend Modell gestanden. Sofern er kleine Füsse hat. Dem Kind ist detailgetreu Babyspeck an den Waden belassen, wogegen die Finger beider Personen amputiert wurden.
Ganz zu schweigen vom Hut. Wahrscheinlich ist dieser schuld, dass die Tafel viele nicht an «Spaziergang», sondern an «Achtung Pädophile» erinnert. Warum auch immer Pädophile etwas mit Hüten am Hut haben sollten. Das Sujet scheint jedenfalls nur im historischen Kontext Sinn zu machen.
Workshop: Schilder malen wie vor 100 Jahren
Man kann sich das zusammenreimen: Es sollten mehrere Personen drauf und es sollte nach «gehen» aussehen. Wann ging ein Mann mit dem Fräulein Tochter an der Hand auf dem Fussweg? Natürlich nur am Sonntag, denn sonst arbeitet er 10 Stunden am Tag. Und sonntags trägt man den Sonntagskittel und den Sonntagshut.
So und nicht anders muss es gewesen sein, nur erinnern sich heute nur noch sehr wenige Leute im Alltag an solche Gepflogenheiten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist nicht falsch, sich daran zu erinnern. Im Gegenteil, wir können uns glücklich schätzen, sind wir mit Zeitgenossen gesegnet, die Gotthelf noch persönlich gekannt haben. Und uns jetzt mit Vortragstourneen darüber unser Leben bereichern.
Gendergerechte Verkehrsschilder
Doch das Beispiel zeigt: Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt ist da tatsächlich etwas auf der Spur. Sie will nicht ausschliesslich Männer auf Verkehrsschildern sehen und wird deshalb beim Bundesrat vorstellig. Andererseits will ich auch nicht Frauen auf Verkehrsschildern sehen, die ein Iglu-Zelt umgebunden haben. So wie auf dem Schild «Fussgängerzone».
Nein, es ist bestimmt nicht das dringendste Problem auf der Welt, auch nicht das dringendste der Schweiz. Wiewohl aber dringender als die gefährlichen Kondensstreifen am Himmel. Ein Update für Verkehrsschilder tut not, denn sie sind nicht nur in Sachen Gleichstellung eine Zumutung.
Es macht einfach keinen Sinn!
Einerseits, weil immer wieder ergänzt wurde und wir nun ein ziemliches Flickwerk haben. Nebst dem Familienvater trägt auch die Figur beim «Verbot für Fussgänger» und dem «Gefahrensignal Fussgängerstreifen» einen Hut. Natürlich könnte dies daran liegen, dass es sich um dieselbe Person handelt: Auch hier sind die Finger amputiert.
Keine Kopfbedeckung trägt dagegen die Person hoch zu Ross beim «Vorschriftssignal Reitweg». Wo doch alle Fans des equinen Sports wissen: «Keinen Reithelm zu tragen, kann Ihre Frisur ruinieren!» Apropos Helm: Was für eine Höllenmaschine zeigt eigentlich das Motorrad-Verbot? Eine Dunstall Norton Dominator 650 von 1964 oder eine Triton Marke Eigenbau mit Triton Slimline- Federbettrahmen?
Erschreckt werde ich auch immer wieder vom Schild «Gefahrensignal Stau»: Hilfe, es kommen gleich drei Autos nacheinander auf mich zu! Auch «Verbot für fahrzeugähnliche Geräte» fällt aus dem Rahmen: Dass es sich eindeutig um Inline-Skates und nicht «fahrzeugähnliche Geräte» handelt, erkennt doch jeder Schild-Bürger.
Das kommt davon, wenn die Tafelmacher mit der Zeit gehen und «mal etwas Peppiges» versuchen. Die Evolution der Signalisation lässt sich auch bei den Zusatztafeln «Fussgänger», «Fahrrad schieben» und «Mountain-Bike» verfolgen. Der Fahrrad-Mann kommt altmodisch daher, der Fussgänger postmodern und der Biker ist so cool, er hat sogar ein Bike Pack mit tollem Tragekomfort dabei. Und die Mütze verkehrt rum. Also wieder kein Helm.
Modern und realitätsnah, bitte gern
Fazit: Wir brauchen Updates für die Schilder, und zwar so, dass man sowohl drauskommt, was gemeint ist, sich nicht in Details verliert und Gesellschaft wie auch Technik einigermassen repräsentiert wird.
Eventuell braucht es dazu Klischees, aber bitte nicht solche aus dem letzten Jahrtausend. Ich hab vorgestern bei uns im Büro extra unter alle Tische, aber auch auf Augenhöhe geschaut. Kein einziger Hut. Die berockten Damen waren vorhanden, aber eindeutig in der Minderzahl. Sogar gegenüber den Herren mit Shorts.
Was jetzt nicht heissen soll, dass wir Verkehrsschild-Personen wollen, die mit abgesägten Hosen dastehen. Muss nicht sein. Aber die Zeiten ändern sich und drei, vier Jahrzehnte später vielleicht auch die Signalisationen. Menschen, Fahrzeuge und «Geräte» sehen heute anders aus.
Auch Baustellen. Dieses Baustellen-Schild, ich sage Ihnen, da könnte ich die Wände hoch. Wenn ich an Baustellen vorbeikomme, steht da einer im Graben, einer steht oben und schaut, dass die Schaufel nicht kippt und ein dritter schaut, dass der zweite schaut. Also so wie auch in jedem Büro, an dem ich vorbeikomme, nur ist die Schaufel dann ein Drucker, der Papierstau simuliert.
Vielleicht hatte ich ja einfach immer Pech. Aber ich bin noch nie an einer Baustelle vorbeigekommen, wo sich gerade ein Bauarbeiter damit abmüht, einen Sonnenschirm zu öffnen.
