Longchamp: Spekulationen über FDP-Mitte-Deal für Ignazio Cassis
Claude Longchamp zum SP-Zweierticket, den Grünen-Hoffnungen und möglichen Absprachen für einen zweiten Mitte-Sitz in zwei Jahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP-Fraktion nominiert heute ihr Zweierticket für die Bundesratswahlen.
- Claude Longchamp ordnet ein und skizziert die Chancen des Grünen Gerhard Andrey.
- Überraschungen gebe es wohl keine – aber in zwei Jahren einen Cassis-Deal mit Sprengkraft.
Zwei SP-Mitglieder werden um die Gunst der anderen Parteien im Parlament kämpfen: Die sozialdemokratische Fraktion hat gestern entschieden, ein Zweierticket zu stellen. Heute entscheidet sie, wer die beiden Plätze besetzt.
Umstritten sei das Zweierticket nicht, sagt Politologe Claude Longchamp. «Die Wahlfreiheit ist mit minimal zwei Kandidierenden gewährleistet», erklärt er. Anders als bei einem Kandidaten– so wie es die Grünen machen.
Für Grünen-Bundesrat «wird es schwierig»
Gerhard Andrey, der Grüne, der den Sitz von Ignazio Cassis angreift, wird es schwierig haben. Longchamp: «Herr Andrey ist durchaus ein Digital-Spezialist, er ist dafür anerkannt. Aber er ist aussenpolitisch nicht auffällig qualifiziert.» Das Aussen- (Cassis) und das Finanzdepartement (Keller-Sutter) sind die Departemente, die aktuell von den Freisinnigen besetzt sind.
Andrey könne auf die Stimmen von Grünen und Teilen der SP und vielleicht der GLP zählen, aber nicht mehr. «Das ergibt am Schluss sechzig Stimmen – immer noch weniger als jene Anzahl, die Regula Rytz erhalten hat», so Longchamp. Doch was passiert, wenn die SVP als Unruhestifterin dem Grünen Kandidaten Stimmen gibt?
Dann wäre eine Wahl von Andrey «numerisch absolut möglich», antwortet der Politikwissenschafter. Er könne sich aber vorstellen, dass die SVP dann Cassis während des Wahlgangs von Alain Berset «aus dem Hut zaubert». Die SP würde dann einen Sitz verlieren.
So weit werde es aber nicht kommen, sagt Longchamp. Für Cassis wäre die Situation «zu kompromittierend».
Immer noch beim Thema FDP: Könnte die Mitte, die nun mehr Sitze in beiden Kammern innehat, einen Sitz der Freisinnigen in Anspruch nehmen? Schliesslich hat Präsident Gerhard Pfister immer betont, keine amtierenden Bundesratsmitglieder abwählen zu wollen.
Es gebe nicht so viel Spielraum, sagt Longchamp. Möglich wäre aber, dass die Mitte mit der FDP einen Deal machen würde, der etwa so tönen könnte: «Ihr bekommt die ersten zwei Jahre der Legislatur, wir die zwei letzten.» So könnte Cassis sein «vielleicht wichtigstes politisches Mandat als seinen Verdienst abschliessen und zurücktreten: die Wahl der Schweiz in den UNO-Sicherheitsrat.
Diese Strategie wäre aber risikoreich. Die SVP könnte einwenden, es spiele keine Rolle, ob «die Partei mit 14,3 oder 14,1 Prozent» einen Sitz mehr bekäme. «Sie könnten sagen: ‹Wir sind viel näher an einem dritten Sitz als ihr an einem zweiten.›»