Steigende Corona-Zahlen: Alain Berset noch gegen Maskenpflicht
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz stecken sich wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus an.
- Wissenschaft und Politik machten deshalb Druck für eine nationale Maskenpflicht im ÖV.
- Alain Berset gibt sich noch cool, appelliert aber an die Disziplin der Bevölkerung.
Also doch: Gesundheitsminister Alain Berset informiert am Montagabend umgehend über den «Krisengipfel» mit den Kantonen.
Den Corona-Hammer hat Berset noch zu Hause gelassen. Insgesamt gibt sich der SP-Bundesrat cool. Dennoch zeigt er sich beunruhigt über die steigenden Fallzahlen des Coronavirus.
Seine Kernbotschaft: Mit dem Ende der ausserordentlichen Lage geht mehr Verantwortung an die Kantone über. Die Kommunikation funktioniere gut. Gemeinsames Ziel sei das Verhindern einer zweiten Welle. Der Freiburger trat mit Lukas Engelberger, dem Präsidenten der Gesundheitsdirektorenkonferenz, vor die Medien.
Alain Berset: Maskenpflicht vorerst kein Thema
Eine nationale Maskenpflicht für die ganze Schweiz könnte dereinst zum Thema werden, so Berset. Die Frage habe man aber nur kurz diskutiert. Trotz mehrfacher Nachfrage gab sich der Magistrat diesbezüglich bedeckt. Bei der Sitzung habe es sich um ein organisatorisches Treffen und nicht um einen Krisengipfel gehandelt.
Ob der steigenden Fallzahlen zeigte sich Berset nicht überrascht. Auch wenn ein Teil davon mit mehr Tests erklärbar sei, appellierte der Bundesrat an die Bevölkerung. «Wir dürfen das Erreichte nicht verspielen», so Berset, der an die Hygienevorschriften erinnerte.
Superspreader-Event: Qualität der Listen muss sich verbessern
Zum Superspreader-Event in Zürich blieb Berset vage. Die Schliessung von einzelnen Betrieben sei eine Möglichkeit, die der Kanton prüfen könne. Sicher sei: Die Qualität der Besucherlisten fürs Contact-Tracing müsste sich verbessern. Auch hier seine Botschaft: Alle Macht den Kantonen.
Der Gesundheitsminister trat bereits um 18 Uhr statt wie geplant um 18.15 Uhr vor die Medien. Vor der Sitzung war Berset indes nicht zu Gesprächen aufgelegt.
Hintergrund: Innert weniger Tage ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus deutlich angestiegen. Die massiven Lockerungsschritte vom letzten Montag – etwa die Aufhebung der Sperrstunde – sind darin noch nicht mal abgebildet.
Bei grossen Teilen der Bevölkerung scheint der unsichtbare Feind aber in den Hintergrund gerückt. Bei schönem Wetter waren die Innenstädte am Wochenende mit Menschen geflutet, in Bern stieg am Samstag eine riesige Party.
Auch der öffentliche Verkehr ist wieder deutlich besser ausgelastet als noch vor einigen Wochen. Nach wie vor hält sich aber kaum jemand an die «dringende» Masken-Empfehlung des Bundesamts für Gesundheit.
Gesundheitsdirektoren pochen aus Maskenpflicht
In Anbetracht des Anstiegs der Fälle wird der Druck für eine nationale Maskenpflicht immer grösser. Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, sprach sich vor dem Treffen via TX Group klar für eine Pflicht aus.
Dies würde gerade gegenüber Risikogruppen ein positives Signal aussenden, so der Basler CVP-Regierungsrat. Damit ist er nicht alleine. Die wissenschaftliche Task-Force des Bundes spricht sich ebenfalls explizit für ein Obligatorium aus.
Ein klares Signal sendete am Montag Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (SP) aus.
Sie zählt sich neuerdings auch zum #Maskenteam, erklärt sie mit einem entsprechenden Foto auf Twitter. Von einer Pflicht spricht sie indes nicht.
Tragen Sie im öffentlichen Verkehr eine Schutzmaske?
Am Sonntag sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli: «Ich habe immer mehr Verständnis für diese Forderung.» Der Druck auf den Bundesrat sei jedenfalls gross. Vor der Sitzung zeigte sich Rickli indes nicht sehr gesprächig.
Auch auf linker Seite stösst eine Pflicht mittlerweile auf offene Ohren. Die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen etwa reiste am Sonntag zum «Sonntalk» nach Zürich. Der Zug sei voll gewesen, kaum jemand habe sein Gesicht bedeckt.
«Wenn Masken in Eigenverantwortung nicht funktioniert, braucht es womöglich eine Pflicht», sagte sie als Folge ihrer eigenen Zugreise.
Krisengipfel am Montag in Bern
Heute Montag trifft Gesundheitsminister Alain Berset Gesundheitsdirektoren zu einer Sitzung. Nicht dabei ist die wissenschaftliche Task-Force, wie deren Chef Matthias Egger auf Twitter sagt.
Der schon länger geplante Austausch wurde nun zu einem eigentlichen Krisengipfel. Ebenfalls diskutiert wurden wohl der Superspreading-Event in Zürich und mögliche Konsequenzen für Clubs.
Konkrete Entscheide fielen nicht, solche müsste Berset mit dem Gesamtbundesrat diskutieren. Die Zeit drängt aber. Schon am Mittwoch findet die nächste Sitzung der Landesregierung statt. Es ist die letzte vor den Sommerferien.