Mit Renteninitiative gegen «Aufkündigung des Generationenvertrags»
Die Jungfreisinnigen kämpfen für ihre Renteninitiative, die eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters fordert. Präsident Matthias Müller zum Kampagnenstart.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Jungfreisinnigen lancieren heute ihren Abstimmungskampf zur Renteninitiative.
- Die Initiative für eine 13. AHV-Rente kommt ebenfalls am 3. März 2024 an die Urne.
- Jungfreisinn-Präsident Matthias Müller erklärt, wieso «seine» Initiative besser ist.
Am 3. März kommt es an der Urne zum Zweikampf zwischen zwei Vorlagen zur Altersvorsorge: Neben der gewerkschaftlichen «Initiative für eine 13. AHV-Rente» steht auch die «Renteninitiative» der Jungfreisinnigen auf dem Stimmzettel.
Das eine Volksbegehren verlangt für die Altersrente einen «Dreizehnten» – wie ihn viele Erwerbstätige kennen. Sämtliche Bezüger einer AHV-Rente sollen Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente erhalten.
Das andere Volksbegehren wiederum will in einem ersten Schritt das Rentenalter bis 2032 auf 66 Jahre erhöhen. In einem zweiten Schritt soll das Rentenalter dann dynamisch an die Lebenserwartung angepasst werden: Steigt die Lebenserwartung an, steigt auch das Rentenalter und umgekehrt.
Teuer, ungezielt und nicht generationengerecht?
Heute lancieren die Jungfreisinnigen ihren Abstimmungskampf – Matthias Müller, Präsident der Jungpartei, erklärt gegenüber Nau.ch, weshalb er «seine» Renteninitiative derjenigen für eine 13. AHV-Rente vorzieht.
Der 31-jährige Zürcher ist überzeugt: «Stand heute steht die AHV vor dem Abgrund!» Bis 2050 drohe gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen eine gewaltige Finanzierungslücke von rund 120 Milliarden Franken. Die positiven Effekte der AHV21 würden allmählich abklingen – «bald schreibt das Sozialwerk wieder dunkelrote Zahlen.»
Die Einführung einer 13. AHV-Rente würde diese Schuldenlast fast verdoppeln, erklärt Müller. Mit dieser Massnahme befände sich die AHV gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen nämlich schon ab 2026 wieder im Negativbereich: «Das käme einer Aufkündigung des Generationenvertrages gleich», betont der Jungfreisinnige.
Finanzierungsfrage ausgeblendet?
Die Finanzierungsfrage werde im Abstimmungskampf um die 13. AHV-Rente von den Initianten grossmehrheitlich ausgeblendet, erklärt Müller: «Das ist unredlich. Fest steht nämlich, dass die jüngeren Generationen diese Rechnung ein Leben lang bezahlen müssten!»
Zur Finanzierung kämen lediglich zusätzliche Lohnabgaben oder eine erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer infrage. «Die Mehrwertsteuer beispielsweise müsste hierfür bis 2050 um 3,4 Prozentpunkte angehoben werden.» Die Lohnabgaben wiederum müssten ihrerseits um 1,7 Prozentpunkte erhöht werden.
Deshalb sei die Idee einer 13. AHV-Rente auch nicht generationengerecht, betont Müller: «Heute geht man leider zu oft mit der Kreditkarte der Jungen auf Einkaufstour! Wir müssen mit der AHV sorgsam umgehen und sicherstellen, dass wir das Sozialwerk nicht überschulden.»
Überdies sei die Initiative ungezielt: Knapp 90 Prozent der zusätzlichen Rentenbeträge würden an Personen fliessen, die derzeit keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben: «Dieses ziellose ‹Giesskannenprinzip› ist genau das, was die Kosten in die Höhe treibt», erklärt der Zürcher.
Renteninitiative als Alternative?
Als Alternative schlägt der Jungfreisinnige «seine» Renteninitiative vor. Längerfristig könne die marode AHV nämlich nur mit einem von drei Instrumenten saniert werden: «Steuererhöhungen, Rentenkürzungen oder eine Anhebung des Rentenalters.»
Zwei dieser drei Varianten stellten keinen gangbaren Weg dar – was übrig bleibe, sei eine minimale Erhöhung des Rentenalters. Die gegenwärtige Höhe des Rentenalters in der Schweiz sei nämlich schlicht nicht mehr zeitgemäss, erklärt Müller.
1948 lag die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Pensionierung (Rentenbezugsdauer) noch bei 12 Jahren. Heute liegt sie bereits bei 21 Jahren, bis 2050 wird sie sich auf 25 Jahre erhöht haben.
Gleichzeitig ist die Fertilität hierzulande tief – «die Arbeitskraft schrumpft», warnt Müller. Hinzu komme die Tatsache, dass die Generation der Babyboomer allmählich ins Rentenalter eintrete.
«Unter dem Strich bedeutet dies, dass immer weniger Junge die Renten von immer mehr Alten finanzieren müssen. Das könnte mit einer leichten Anhebung des Rentenalters behoben werden», ist Müller sicher.
«Wir können nicht einfach so wie bisher weiterwursteln», erklärt der Rechtsanwalt. Der dynamische Mechanismus der Anpassung an die Lebenserwartung könne Ruhe in die Altersvorsorge bringen: «Statt alle fünf Jahre eine Hauruck-Übung zu veranstalten, könnten wir mit der ‹Renteninitiative› die AHV endlich nachhaltig reformieren!»