Moritz Leuenberger will Gentechnik nicht verteufeln
Das Wichtigste in Kürze
- Gentechnik biete nicht nur Risiken, sondern auch Chancen, sind Forscher überzeugt.
- Unter der Leitung von Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger fordern sie eine Diskussion darüber.
Mit Gentechnik werden Mais und Weizen resistent, Kühe hornlos oder auch Krankheiten geheilt. Theoretisch möglich wäre, dank Gentechnik Schweineherzen in Menschen zu verpflanzen oder Erbkrankheiten in der Eizelle oder dem Spermium zu korrigieren. Viele Versuche laufen schon und in China sorgte bereits ein Fall für Aufsehen, wo «Designer-Babys» kreiert worden sein sollen.
Wollen wir das?
Höchste Zeit also, Nutzen und Risiken abzuwägen. Die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS hat sich das sogenannte «Genome Editing» vorgeknöpft, insbesondere die Gen-Schere namens CRISPR/Cas9. Unter dem Präsidium von alt Bundesrat Moritz Leuenberger haben Sozialwissenschaftler, Genetiker, Ethiker und Juristen das Thema von allen Seiten betrachtet.
Die hochkomplexe Studie kommt im Prinzip zu zwei Schlüssen. Einerseits: Vieles funktioniert, vieles ist aber noch unklar. Andererseits: Wir müssen drüber reden. «Dieser Diskurs muss geführt werden und das muss man allen Leuten zumuten», findet Leuenberger.
Moritz Leuenberger: «Unglaubliche Chancen»
Leuenbergers Sorge: Die Gentechnik werde allzu schnell verteufelt. «Hier haben wir eine Technologie, die unglaubliche Chancen bietet», schwärmt Leuenberger, «vor allem im Gesundheitsbereich.» Doch falle das Stichwort Gentechnik, seien sofort Argwohn und Misstrauen da und Gedanken an Frankensteins Monster.
«Man sagt sofort ‹Hände weg von Gentechnologie› und das fände ich wahnsinnig gefährlich». Leuenberger fordert stattdessen eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Anwendungsgebiete der Gen-Schere.
Von Transplantation bis Pflanzenzucht
Die Autoren der TA-SWISS-Studie fordern deshalb, dass sich jede und jeder mit der Thematik auseinandersetze. Jetzt seien halt Schulen und Medien gefordert, sagt Alexander Lang, Soziologe am Institut für Höhere Studien in Wien. Aber auch andere Instanzen sieht das Projektteam in der Pflicht. So soll sichergestellt werden, dass Gentech-Lebensmittel auch als solche gekennzeichnet und überprüft werden können.
Die Schweiz soll andererseits ihre ablehnende Haltung gegenüber Eingriffen in die Keimbahn (Stichwort Designer-Babys) international einbringen. Dass Ethik, Moral und Haltung durchaus wirkungsvoll seien, zeige gerade das Beispiel aus China, findet Leuenberger. «Der Forscher ist jetzt seinen Job los – auch in China.»