Natalie Rickli erhält nach Urteil linken Support
Üble Beleidigungen in einem Song gelten nicht als sexuelle Belästigung. Das Bundesgerichts-Urteil im Fall von Natalie Rickli empört auch linke Politikerinnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesgericht sieht den Hass-Rap gegen Natalie Rickli nicht als sexuelle Belästigung.
- In einer ersten Reaktion zeigen sich selbst linke Politikerinnen empört darüber.
Der Text im Hass-Song gegen SVP-Politikerin Natalie Rickli der Rap-Combo Chaos-Truppe ist kaum auszuhalten. «Du bruchsch e D*** i Dire F****», «Gib Ihre E Chlapf ufen Ar***», «Nur no es paar Blowjobs vom Bundeshuus entfernt», lauten einige der Zeilen im Song.
Das Lied, das 2015 unter anderem auf Youtube die Runde machte, gilt für das Bundesgericht dennoch nicht als sexuelle Belästigung. Zwar bestätigt es die Verurteilung wegen Beschimpfung und übler Nachrede.
Doch die Beschwerde der Berner Staatsanwaltschaft weisen die Richter in Lausanne ab. Für den Tatbestand der sexuellen Belästigung fehle die «unmittelbare Wahrnehmung» durch das Opfer. Die «Künstler» hätten sich nicht direkt an Natalie Rickli gewandt, heisst es im Urteil weiter.
Linke stärken Natalie Rickli den Rücken
Das Bundesgericht fällt mit dieser Argumentation ein Leiturteil, was im MeeToo-Zeitalter als sexuelle Belästigung gilt. Und eckt in der Politik an.
Nationalrätin Mattea Meyer, die als mögliche künftige SP-Präsidentin gilt, stärkt Rickli den Rücken. «Ich finde es super, dass sie sich gegen diesen unsäglichen Songtext gewehrt hat», erklärt sie auf Anfrage.
Natalie Rickli zeige damit, dass «solch frauenverachtende Zeilen auch im Internet nichts verloren» hätten. Da sie das Urteil noch nicht gelesen hat, will sie nicht im Detail darauf eingehen. Klar sei aber: Bei derart üblen Beleidigungen spiele die Parteizugehörigkeit keine Rolle, so die Winterthurerin.
SP-Wasserfallen erwägt nach Urteil neues Gesetz
Ähnlich sieht das SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. Auch sie will das Urteil nicht explizit kommentieren. Aber: Es gebe in den sozialen Medien kaum mehr Hemmungen, Beleidigungen oder sexistische Hasskommentare zu posten. Ausserdem seien diese rasch verbreitet.
Diese Entwicklung stelle das Strafgesetz und die Rechtsprechung vor neue Fragen, weshalb sie für Stalking oder Cybergrooming einen Straftatbestand fordere. Für den vorliegenden Fall schliesst die Bernerin auch nicht aus, im Parlament aktiv zu werden.
Wasserfallen: «Im Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung im Online-Zeitalter stellt sich die Frage, ob die physische Anwesenheit und direkte Adressierung als Voraussetzung nicht revidiert werden müssten.»
Rickli will sich nicht zum Urteil äussern
Die langjährige SP-Nationalrätin und heutige GLP-Politikerin Chantal Galladé, die als enge Freundin Rickli gilt, bezeichnet das Urteil als «Schlag ins Gesicht aller Frauen».
Dass die «üblen sexistischen Beleidigungen» keine Belästigung darstellen sollen, bezeichnet sie auf Twitter als «unverständlich und enttäuschend.»
Regierungsrätin Rickli selbst will sich aktuell nicht zum umstrittenen Urteil äussern, sagt ihr Sprecher auf Anfrage.