Nationalrat lehnt Verbots-Initiativen zu Pestizid und Trinkwasser ab
Der Nationalrat hat sich klar gegen die Verbots-Initiativen zu Pestizid und Trinkwasser ausgesprochen. Es sei der falsche Weg, so die grosse Kammer.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat lehnt die Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiative ab.
- Der grossen Kammer gingen die Vorschläge zu weit.
Im Nationalrat herrscht weitgehende Einigkeit, dass die Schweizer Bauern den Pestizid- und Antibiotikaverbrauch reduzieren müssen. Umstritten ist, wie das geschehen soll. Die Trinkwasser- und die Pestizidverbots-Initiative sind für die Mehrheit der falsche Weg.
Der Nationalrat hat am Donnerstag die Debatte abgeschlossen, die er am Vortag aufgenommen hatte. Er entschied, beide Initiativen zur Ablehnung zu empfehlen. Zur Trinkwasser-Initiative sagte er mit 130 zu 58 Stimmen Nein, zur Pestizidverbots-Initiative mit 131 zu 54 Stimmen.
Die beiden Initiativen verfolgen auf unterschiedlichen Wegen das gleiche Ziel: Mehr Ökologie in der Landwirtschaft. Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» fordert ein Verbot von synthetischem Pestizid in der landwirtschaftlichen Produktion. Weiter verlangt sie, dass diese in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und in der Boden- und Landschaftspflege verboten werden.
Initiativen zu Pestizid und Trinkwasser versenkt
Verboten werden soll auch der Import von Lebensmitteln, die mit synthetischem Pestizid hergestellt wurden oder die solche enthalten.
Die Trinkwasser-Initiative setzt beim Geld an. Sie verlangt, dass nur Bauern Subventionen erhalten, die auf den Einsatz von Pestizid, Antibiotika und zugekauftes Futter verzichten. Auch die landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Ausbildung soll nur unter diesen Bedingungen Geld vom Bund erhalten.
Nach Ansicht von Bauernverbandspräsident Markus Ritter (CVP/SG) sind die Initiativen «extrem wirtschaftsfeindlich». Er warnte vor Ernteausfällen und steigenden Preisen. Mehr Lebensmittel müssten aus dem Ausland importiert werden.
Weil kaum mehr Kakao und Kaffee eingeführt werden könnten, würden in der verarbeitenden Industrie tausende Arbeitsplätze verloren gehen. Auch Gastronomie und Hotellerie würden hart getroffen.
Doch in ökologischen Kreisen fehlt der Glaube in den guten Willen der Bauern. «Unsere Geduld ist langsam am Ende», sagte GLP-Fraktionschefin Tiana Moser (ZH). «Absichtserklärungen und Versprechungen nützten nichts», erklärte auch Konsumentenschützerin Prisca Birrer-Heimo (SP/LU). Beat Jans (SP/BS) erinnerte daran, dass der Bauernverband fast alle in der AP22+ vorgeschlagenen Massnahmen ablehnt.
Rückweisung an Komission vorgeschlagen
Weil die Initiativen auch vielen Vertretern von SP, Grünen und Grünliberalen zu weit gehen, schlug Jans deren Rückweisung vor. Diese sollte einen indirekten Gegenvorschlag ausarbeiten. Die notwendigen Gesetzesanpassungen müssten gemeinsam mit Bauern, Kantonen und Trinkwasserversorgern erarbeitet werden, forderte Jacqueline Badran (SP/ZH). «Das wäre echte Problemlösung und echte Konkordanz.»
Mit dem indirekten Gegenvorschlag sollten verbindlich die Risiken der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 halbiert werden. Ausserdem sollen Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden. Weiter sollte der Schutz vor nachteiligen Einwirkungen durch Pflanzenschutzmittel verbessert und der Fremdstoffeintrag in das Grundwasser gesenkt werden.
Sorge um Trinkwasser
Dieser Ansatz wurde auch von Mitgliedern von FDP und CVP unterstützt. Kurt Fluri (SO) erinnerte an die alarmierenden Befunde der Wasserfachleute und Wasserversorger. Immer mehr Wasserfassungen müssten geschlossen werden. Angesichts des Status' des Trinkwassers in der Schweiz sei eine Ablehnung ohne Gegenvorschlag eine «Hochrisikostrategie».
Trotzdem sprach sich der Nationalrat mit 111 zu 78 Stimmen gegen die Rückweisung und damit gegen einen indirekten Gegenvorschlag aus. Ebenso deutlich lehnte er die beiden direkten Gegenvorschläge ab.
Der Bundesrat lehnt Initiativen und Gegenvorschläge ebenfalls ab. Diese gingen zu weit und würden wegen der Importverbote auch gegen internationale Verpflichtungen der Schweiz verstossen, sagte Landwirtschaftsminister Guy Parmelin.