Philipp Müller hört auf: «Mich nerven diese Apéros!»
FDP-Haudegen Philipp Müller tritt nach 16 Jahren bei den Wahlen 2019 nicht mehr an. Das Abschiedsinterview ist mal ernst, mal unernst und mal beides.
Das Wichtigste in Kürze
- Philipp Müller verlässt das Bundeshaus nach 16 Jahren als National- und Ständerat.
- Der ehemalige FDP-Präsident redet auch im Abschiedsinterview Klartext.
- Dabei kann er durchaus auch sich selbst auf die Schippe nehmen.
Es steht in jedem Portrait über Philipp Müller zu lesen: Er ist gelernter Gipser. Und trotzdem hat er, irgendwie, einen Flicken weg. Oder in den Worten des Journalisten und Buchautors Viktor Parma: «Bei ihm waren und sind die Grenzen zwischen Ernst und Unernst fliessend.» Entsprechend wird auch ein Interview zum Rücktritt des FDPlers zur Achterbahnfahrt.
Haudegen Philipp Müller mit Alterssenilität
Zwölf Jahre war er für die FDP im Nationalrat, vier im Ständerat, vier Jahre auch FDP-Präsident. Doch auch der Weg zur politischen Karriere: eine Achterbahnfahrt. Ob er wirklich gut Achterbahn fahren kann: Wer weiss. Tourenwagen fahren kann Philipp Müller jedenfalls, hat er jahrelang als Profi gemacht, nachdem er 1986 Europameister der Formel 3 war.
Angeblich beherrschte er einst das Seitwärtsparkieren mittels Handbremse und 180-Grad-Schlenzer und entsprechend quietschenden Reifen. Als Kunstschütze konnte er via Spiegel, rückwärts, die Zigarette aus dem Mund seines Partners schiessen. Heute dagegen will er sich nicht einmal mehr daran erinnern, dem UBS-Boss Sergio Ermotti das A-Wort angehängt zu haben.
«Sehen Sie, eine gewisse Alterssenilität scheint vorhanden zu sein. Man muss eben gehen, solange man sich noch erinnert, wo der Ausgang des Bundeshauses ist.» Ernst und Unernst, simultan.
Blick zurück im Zorn: «Diese Apéros!»
Wenn wohl nicht wirklich senil, so zumindest altersmilde ist er geworden, der «rasende Philipp». Ein Menschenfreund, nachdem er in den 90er-Jahren die 18-Prozent-Initiative lanciert und in den 80ern aus der FDP ausgetreten war. Wegen zu vieler Krawattenträger.
Heute sagt er: «Man muss abstrahieren können. Einer hat eine andere Meinung, das ist die Politik, aber ich kann trotzdem mit ihm ein Feierabendbier trinken gehen.» Was auch fleissig getan werde, inklusive Abendessen, «Namen nenne ich aber sicher keine».
«Im Ständerat ist das besonders krass, da sitzen jeweils drei, vier Parteien an einem Tisch.» Das gefällt ihm – ganz im Gegensatz zu den Apéros, die Müller auf die Nerven gehen. «Diese Pseudo-Apéros-riches, dieses blöde Rumstehen und Smalltalken!» 16 Jahre sind genug.
«Niemand hat auf euch gewartet»
Altersmilde – und altersweise: Jetzt kann Philipp Müller diejenigen Ratschläge an die nächste Generation weitergeben, die er einst ebenfalls erhalten hat. «Glaubt ja nicht, dass irgendjemand auf euch gewartet hat hier in Bern.» Zuerst müsse man sich behaupten, durchsetzen, Themen besetzen und dazulernen. «Du musst so kompetent werden, dass du deine Mitbewerber mit Kompetenz erschlagen kannst.»
Der Schlagzeilenlieferant und Enfant terrible Philipp Müller hat aber auch für Journalisten noch eine Bitte. Zwar sollen diese einfach bleiben, wie sie seien, vor allem kritisch.
«Aber manchmal etwas netter. Und nicht immer davon ausgehen, dass Politiker alles nur ‹dummi Sieche› sind. Es gibt genug Leute im Land, die das ohnehin schon glauben.»