Philosoph warnt: Generation AHV diktiert jetzt, wos lang geht
Vornehmlich ältere Stimmbürger haben die 13. AHV-Rente angenommen. Dieser Generationenkonflikt werde sich künftig zuspitzen, erklärt Philosoph Ludwig Hasler.
Das Wichtigste in Kürze
- Ältere haben für die 13. AHV-Rente gestimmt: Ein Symptom, erklärt Philosoph Ludwig Hasler.
- Dieses Resultat sei auch auf einen sich zuspitzenden Generationenkonflikt zurückzuführen.
- Denn die Entfremdung zwischen Jung und Alt führe zu egoistischem Abstimmungsverhalten.
Gestern hat die Schweizer Stimmbevölkerung entschieden: Ab Januar 2026 sollen Rentnerinnen und Rentner hierzulande eine zusätzliche Monatsrente erhalten. Die Stimmberechtigten haben die Volksinitiative mit 58,24 Prozent Ja-Stimmen-Anteil angenommen.
Der Blick auf die demografischen Eigenschaften der Befürworterinnen und Befürworter fördert Bemerkenswertes zutage: Zwar ist ein deutlicher Rösti-Graben zwischen der deutschsprachigen Schweiz und der italienischsprachigen und französischsprachigen Schweiz zu erkennen. Die Trennlinie zwischen «Ja» und «Nein» verläuft für einmal aber nicht entlang der klassischen Geschlechter- oder Stadt-Land-Gräben.
Ältere verhelfen 13. AHV-Rente zum Durchbruch
Tatsächlich haben vor allem über 65-Jährige und Personen mit niedrigem Einkommen ein «Ja» in die Urne gelegt. Wie «Tamedia» berichtet, nahmen 78 Prozent der Senioren (ab 65 Jahre) die 13. AHV-Rente an.
Philosoph und Publizist Ludwig Hasler sieht hinter diesem Phänomen auch eine Zuspitzung des Generationenkonfliktes, wie er gegenüber der «NZZ» erklärt.
Der 79-Jährige ist überzeugt, dass dieses Resultat auch ein Ausdruck des gegenwärtigen Zeitgeistes sei: «Jede Gruppe schaut, dass sie für sich möglichst viel herausholen kann. Es wird quer durch alle Branchen gejammert.»
Zunehmend egoistisches Abstimmungsverhalten
Die Älteren und Jüngeren Generationen hätten immer weniger gemeinsam: Die Jungen würden den Alten vorwerfen, den Planet zerstört zu haben, erklärt er. Die Alten wiederum würden den Jungen vorwerfen, dass sie für den geschaffenen Wohlstand zu wenig Dankbarkeit zeigten.
Unter den älteren Menschen verbreite sich deshalb das Gefühl, nicht mehr verstanden zu werden. Stattdessen werde man «nur noch zurechtgewiesen», erklärt der 79-Jährige. Nach dem Motto: «Okay, Boomer, mische dich nicht ein!» Dies fördere aber einen gewissen Altersegoismus – und damit auch ein egoistisches Abstimmungsverhalten.
Hasler führt aus, dass manch ein Senior sich gesagt haben werde: «Wenn ihr schon ganz anders sein wollt, dann greifen wir ab, was wir noch können.» Direkten Dialog zwischen den Generationen habe er hingegen fast gänzlich vermisst – in diesem Abstimmungskampf und darüber hinaus.
Immer mehr Ältere – Konflikt spitzt sich zu
Während der Corona-Pandemie habe sich nämlich gezeigt, dass sich die Gewichte der Generationen verschoben haben. «Plötzlich waren wir Alten die Privilegierten, obwohl wir unser Leben schon im Trockenen haben. Um uns zu schützen, sperrte man die Jugendlichen praktisch ein.»
Der Philosoph ist sicher, dass sich dieser Generationenkonflikt künftig weiter zuspitzen werde. Tatsächlich sei er erstaunt, dass dies nicht längst passiert sei: Denn die alte Generation werde immer grösser und mächtiger. In Zukunft dürfte es in Abstimmungen also zunehmend schwieriger werden, diese Wählergruppe zu überstimmen.