Schweizer «Abkehr von Neutralität»? So kritisiert Lawrow Cassis
Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag trafen sich die Aussenminister Cassis und Lawrow in New York.
- Im Anschluss habe die russische Delegation mangelnde Neutralität der Schweiz bemängelt.
- Die Einrichtung eines Verbindungsbüros der Nato bei den UN in Genf belege dies.
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland haben sich nach einem Treffen zwischen den Aussenministern beider Länder erneut angespannt. Ignazio Cassis, der schweizerische Aussenminister, traf seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am Rande einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York.
Nach dem Treffen hatte Lawrow das Gespräch zunächst als «interessant» bezeichnet, wie unter anderem «bluewin» berichtet. Cassis hatte auf X mitgeteilt:
«Im Zusammenhang mit der Präsidentschaft Russlands im UNO-Sicherheitsrat traf ich mich mit dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow (...)». Dabei habe er ihn über den Ukraine-Friedensgipfel informiert.
Russische Kritik an schweizerischer Neutralität
Trotz des scheinbar freundlichen Austauschs, folgte eine Welle von Kritik aus Moskau. Die russische Delegation warf der Schweiz zum wiederholten Mal vor, ihre Neutralität aufzugeben.
Laut Berichten soll Lawrow erklärt haben, dass Russland die «fortschreitende Abkehr der Schweiz von der Neutralität» berücksichtigen werde.
Eine Sprecherin des Kremls sei noch weiter gegangen und habe die Schweiz als «unehrliche Maklerin» bezeichnet. Die Einrichtung eines Nato-Verbindungsbüros bei den Vereinten Nationen in Genf sei Beweis für die mangelnde Neutralität der Schweiz.
Russische Abkehr von Genf?
Das schweizerische Aussenministerium EDA hat bisher keine Stellungnahme zu den Äusserungen aus Moskau abgegeben. Die Situation könnte jedoch Auswirkungen auf zukünftige diplomatische Gespräche haben. Russland hatte bereits angedroht, Gespräche über die Lage im Südkaukasus von Genf in ein anderes Land zu verlegen.
Findest du es nachvollziehbar, dass Russland die Neutralität der Schweiz infrage stellt?
Auch die Bürgenstock-Konferenz von Mitte Juni blieb bisher ohne konkrete Folgen. Thomas Greminger, Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik, sieht derzeit keine Nachfolgekonferenz in Sicht. Beide Konfliktparteien seien nicht bereit, Verhandlungen aufzunehmen.
Bereits in der Vergangenheit hatte Sergei Lawrow harsche Kritik an der Schweiz geübt. Erst im April bezeichnete der russische Aussenminister die Schweiz in einem Interview als «offen feindseliges Land». Hintergrund dürften, wie auch der «Spiegel» berichtete, Sanktionen gegen Russland gewesen sein, die auch die Schweiz mitträgt.