Stadt Basel

Schweizer Pfleger widersprechen schwärmender Deutscher

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Basel,

Eine Pflegefachfrau aus Deutschland schwärmt über das Arbeiten in Basel-Stadt. Der regionale Berufsverband ist überrascht: Der Präsident höre oft das Gegenteil.

Pflege Basel Deutschland
Basler Pflegepersonal demonstriert während der Corona-Krise für bessere Arbeitsbedingungen, Mai 2021. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine deutsche Pflegefachfrau schwärmt vom Arbeiten in der Schweiz.
  • Der Pflegeverband sagt, das sei ein Einzelfall, der nicht der Realität entspreche.
  • Im grenznahen Deutschland seien die Arbeitsbedingungen und der Lohn sogar besser.

«Ich glaube, das Wort Stress existiert hier gar nicht», sagt Sabine Schröder zum «Focus». Die Pflegefachfrau aus Berlin zog im Juni 2022 nach Basel-Stadt, um in der Schweiz zu arbeiten. Ihr Fazit: Dort arbeiten sei viel entspannter, der Lohn viel besser und Weiterbildungen würden gefördert.

Ihre Aussagen überraschen, sagt der Präsident des Pflegeverbands Basel-Stadt und Basel-Land, Daniel Simon. Schröders Fall sei aber auch einzigartig: «Die Frau arbeitet auf der Intensivstation und das bedeutet, dass ein fixer Stellenschlüssel vorhanden ist.»

Heisst: Wenn jemand fehlt, muss diese Person aus Sicherheitsgründen ersetzt werden. Ansonsten werden Betten gesperrt.

Auf anderen Stationen, also in 95 Prozent der Fälle, sei das aber anders, erklärt Simon: «Wenn jemand fehlt, wird die Pflegeperson nicht von jemand anderem ersetzt, sondern die anderen arbeiten einfach mehr.»

Aber auch von anderen Pflegefachpersonen, die auf der Intensivstation arbeiteten, erhalte er andere Schilderungen. Zum Beispiel gestern: «Die Aussage, man habe für die Patienten mehr Zeit, ist etwas speziell. Fakt ist, dass es weiterhin einen massiven Mangel an Fachkräften gibt.»

Dieser Mangel sei zweifach, sagt Simon: «Erstens hören viele nach drei oder vier Jahren auf, also fehlen sie langfristig. Zweitens gehen viele diplomierte Fachkräfte, die Erfahrung mit sich bringen, die andere nicht haben.»

Lohnverdoppelung in Lörrach, Deutschland

Das Ergebnis sehe man in allen Gesundheitseinrichtungen: Pro Institution, mit dem der Pflegeverband für Gesamtarbeitsverträge in Kontakt stehe, seien mindestens 30 bis 100 Stellen unbesetzt. «Und dasselbe hören wir auch aus den angrenzenden Kantonen», sagt Simon, der auch an einer Berufsschule unterrichtet.

«Die Pflegenden sagen, die Belastung sei sehr hoch, sie müssten viel einspringen, der Arbeitsplan ändere sich wöchentlich», fährt er fort. Er schildert eine ihm vor Kurzem erzählte Geschichte: Eine Pflegefachfrau habe nach der Frühschicht direkt eine Spätschicht anschliessen müssen, weil sonst niemand verfügbar gewesen wäre. «Ihr Arbeitstag begann also um halb acht Morgens und endete um halb elf Abends.»

Schröder sei auch in dem Sinne ein «Einzelfall», als nur wenige deutsche Pflegekräfte nach Basel arbeiten kämen, sagt Daniel Simon. «Im grenznahen Deutschland haben sich die Arbeitsbedingungen massiv verbessert, die Schichtzulagen sind besser geworden. In Lörrach beispielsweise verdient eine mir bekannte Pflegefachperson den doppelten Lohn als vor 10 Jahren in Deutschland.» Der Lohn sei also eher für französische Pflegekräfte noch ein Faktor, um über der Grenze zu arbeiten.

Sind Sie zufrieden mit Ihren Arbeitsbedingungen?

Aber: Positiv sei, sagt Simon, dass «wir in der Schweiz mit der Umsetzung der Pflegeinitiative an Verbesserungen arbeiten. Es wird versucht, attraktivere Arbeitsmodelle zu erarbeiten und höhere Schichtzulagen zu zahlen.» Vielleicht haben dann alle Pflegefachkräfte ein angenehmes Arbeitsleben wie Sabine Schröder aus Deutschland.

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Kommentare

User #2861 (nicht angemeldet)

In der Schweiz herrschen noch Paradiesische Zustände mit der Betonung auf noch. SP und Grüne arbeiten aber daran.

User #5102 (nicht angemeldet)

Fasse zusammen: 1) Die Lage in Deutschland ist noch schlimmer als hier. 2) Hier aber auch. Die "Funktion" kann jetzt geschlossen werden. Danke für Eure geschätzte Teilnahme! Festkommitee R.Rüdisüli

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