Serafe-Gebühr: Müsste die SRG wirklich 900 Stellen streichen?
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss SRG müsste sie 900 Stellen streichen, wenn der Bundesrat die Serafe-Gebühr senkt.
- SVP-Nationalrat Thomas Matter glaubt weder dies noch die Rechnung des Bundesrats.
- Doch Linke rechnen vor: Trotz mehr Haushalten gibt es nicht mehr Geld im Gebührentopf.
Der Bundesrat begegnet der «Halbierungsinitiative» mit einem Gegenprojekt. Statt die Serafe-Gebühren, die zum Grossteil der SRG zugutekommen, zu halbieren, soll die Abgabe auf 300 Franken pro Haushalt sinken. Selbst Kommunikationsminister Albert Rösti sagt: Einige Hundert Stellen könnte dies durchaus kosten.
Die SRG warnt, dass es bis zu 900 Stellen treffen könnte, also fast 13 Prozent bei Radio, TV oder SWISS TXT in allen Landessprachen. Ist das glaubwürdig, übertrieben – und verkraftbar? Für SVP-Nationalrat Thomas Matter, Co-Präsident des Initiativ-Komitees, ist klar: «Die Aussage, es gingen 900 Stellen verloren, ist schon fast kriminell.»
900 Stellen weniger: Kriminell oder realistisch?
Wie viele Stellen es mit dem Bundesrats-Vorschlag treffen könnte, sei von aussen schwierig abzuschätzen, sagt Mit-Initiantin und FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger. Mit weniger Geld sei aber sicher mit einem Stellenabbau zu rechnen. Auch Nationalrat Michael Töngi (GPS/LU) gibt zu, eine genaue Abschätzung sei nicht möglich. Aber: «Ich halte die Angaben in globo für realistisch.»
SVPler Thomas Matter kann das dagegen ganz und gar nicht nachvollziehen. «Ich behaupte, es müssen praktisch gar keine Stellen abgebaut werden.» Damit kritisiert Matter indirekt sogar den eigenen Bundesrat Albert Rösti. Denn für Matter geht weder die Rechnung der SRG noch die des Bundesrats auf.
Sogar Mehreinnahmen für die SRG?
«Der Bundesrat hat den Fehler gemacht, dass er die grosse Zahl neuer Haushalte nicht berücksichtigt», rechnet der Zürcher Banker vor. Bereits von 2019 bis 2022 seien so die Einnahmen durch die Serafe-Gebühr um 50 Millionen Franken gestiegen. «Bis 2023 sind wohl noch weitere Millionen dazugekommen.»
Bis 2029 will der Bundesrat die Serafe-Gebühr von 335 Franken um 10 Prozent auf 300 Franken senken. Weil bis dann die Zahl der Haushalte noch weiter zunimmt, steht für Thomas Matter fest: «Bis 2029 wird es also sogar Mehreinnahmen für die SRG geben – jetzt von Stellenabbau zu reden, ist vorsätzliche Täuschung der Bevölkerung.»
Matter ist indes auch klar, woher der Wind weht: «Es ist ein Jammern auf Vorrat im Hinblick auf unsere Initiative.» Mit dieser würde die Serafe-Gebühr auf 200 Franken pro Haushalt gesenkt. Die Folgen wären dann weitaus einschneidender als in der Version Bundesrat.
Grünen-Töngi: Nicht mehr, sondern weniger Geld
Die Haushalts-Rechnung geht für Michael Töngi, erklärter Gegner der «Halbierungsinitiative», hingegen nicht auf. Die SRG werde mit weniger Geld auskommen müssen. Denn die Zunahme der Haushalte stehe der Teuerung gegenüber, die alleine in den letzten drei Jahren sechs Prozent betragen habe. «Es ist davon auszugehen, dass die Teuerung höher sein wird als das Wachstum der Haushalte.»
Weiter verweist Töngi auch auf das allgemeine Marktumfeld. Wie bei den privaten Medien würden auch bei der SRG die Werbeinnahmen zurückgehen. Ein Abbau der Finanzen – «und damit beim Personal» – sei umso unverständlicher, als gerade diesen Herbst auch die privaten Medien ihre Abbaupläne präsentierten. «Letztlich werden in der Schweiz massiv weniger Journalistinnen und Journalisten gute Informationen und Einschätzungen erarbeiten können», gibt Töngi zu bedenken.
Gegner und Befürworter einig: Falsch aufgegleist
Sowohl SRG wie auch Bundesrat Rösti gehen von Kürzungen primär bei Unterhaltung und Sport aus. Ob ein solcher Stellenabbau für die SRG verkraftbar wäre, sei wiederum aus der Distanz schwer zu beurteilen, sagt FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger. «Die SRG ist allerdings ein kommerzielles Unternehmen und muss mit den bestehenden Mitteln auskommen.»
Genau hier liegt aber sowohl für SVP-Matter wie Grünen-Töngi der Hase im Pfeffer: Beim Ansatz, was denn die bestehenden Mittel seien. Was verkraftbar sei, hänge vom Auftrag ab, betont Töngi. «Es ist völlig falsch, dass der Bundesrat zuerst eine Senkung der Haushaltsabgabe beschliesst. Ohne über den Auftrag der SRG zu diskutieren und ihr mit einer neuen Konzession klare Vorgaben mitgibt.»
Heissen Sie eine Senkung der Serafe-Gebühr auf 300 Franken gut?
Auch für Matter zäumt der Bundesrat das Pferd von hinten auf – nur anders. «Der Bundesrat hätte wenn schon die Höhe der Gesamteinnahmen in Franken definieren sollen, nicht die Abgabe pro Haushalt.» Also eine Plafonierung des für die SRG vorgesehenen Betrags, der dann auf die Haushalte anteilmässig verteilt würde. «Wenn er dann von 1,23 Milliarden Franken zehn Prozent abzieht, kommen wir auf 1,1 Milliarden.»
Steigt die Zahl der Haushalte weiter an, sinkt die Serafe-Gebühr pro Haushalt immer weiter – bis 2029 vielleicht bis auf 270 Franken. Natürlich vorausgesetzt, Kollege Töngi kommt nicht wieder mit seiner Teuerung und die Zuwanderung bleibt auf ähnlichem Niveau. Die Diskussion verspricht also, spannend zu bleiben.