SP-Wermuth über SVP-Aeschi: «Impulskontrolle eines Kindergärtlers»
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi legt sich verärgert mit einem bewaffneten Bundespolizisten an. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth findet klare Worte.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Fraktionschef Aeschi sorgt für einen Skandal im Bundeshaus.
- SP-Co-Chef Wermuth findet das Gerangel mit einem Polizisten «anstands- und respektlos».
- Zum Glück sei nichts mit einer Waffe passiert: «Das hätte ganz schief ausgehen können.»
Unübliche Szenen heute im Bundeshaus – in gleich doppelter Hinsicht. Unüblich, weil beim Besuch eines Amtskollegen beim Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer nicht nur vor, sondern sogar im Bundeshaus Bundespolizisten Präsenz markierten. Und zwar nicht diskret im Hintergrund, sondern mitten auf der grossen Treppe in der Haupthalle, mit vorgehängter Maschinenpistole.
Immerhin handelte es sich beim Gast aber um den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk: Daher wohl die erhöhte Alarmstufe. Unüblich dann aber auch die Reaktion von SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi: Als «Hausherr» wollte er trotzdem passieren, geriet dann aber in ein Handgemenge mit gleich zwei Polizisten.
Für SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist die Sache völlig klar: «Eine anstands- und respektlose Aktion von Thomas Aeschi.» Wermuth spricht von bewusster Provokation: «Man probiert die Bundespolizei daran zu hindern, einen ausländischen Staatsgast zu schützen. Das ist nicht zu rechtfertigen als Parlamentarier dieses Hauses.»
Futter für die Putin-Propaganda?
Wäre Aeschis «Durchsetzungswillen» weniger heftig ausgefallen, wenn es nicht ausgerechnet um die Ukraine gegangen wäre? Das könne sein, aber wie auch immer: «Es ist einfach in etwa die Impulskontrolle eines Kindergärtlers.» Ob so jemand als Fraktionschef tragbar sei, müsse die SVP selber wissen.
Aber: «Es war schon eine recht klare Äusserung gegen die Regeln, die es in diesem Haus einzuhalten gilt. Offenbar hat die SVP das Gefühl, diese gälten nur für alle anderen und sich selber nicht.»
Bei der SVP scheinen indes die Meinungen gemacht: Bereits vor Aeschis Aktion äusserten einige ihr Unverständnis gegenüber den Sicherheitsmassnahmen. Und als Ruslan Stefantschuk auf die Ehrentribüne im Nationalrat geleitet wurde, waren die meisten SVPler zufälligerweise gerade nicht im Saal. SP-Co-Präsident Wermuth ist sich sicher: «Es ist noch einmal etwas, was die Putin-Propaganda schamlos ausnützen wird – ich finde es vor allem peinlich.»
Vergleich mit Mitläufern des Dritten Reichs
Apropos Diktatoren: Kein Pardon kennt Wermuth auch mit SVP-Nationalrat Michael Graber. Dieser verglich die befehlsausübenden Polizisten mit den Mitläufern des Dritten Reichs.
Das sei respektlos, so Wermuth: Erstens gegenüber diesen Polizistinnen und Polizisten, die bemüht seien um die Sicherheit der Gäste, des Publikums und des Parlaments. Aber auch gegenüber den Opfern von Faschismus und Nationalsozialismus. «Die haben diesen Vergleich nicht verdient – das ist nicht lustig, das macht man nicht.»
«Hätte ganz schief ausgehen können»
Zehn Meter hinter dem Schauplatz des Geschehens steht in luftiger Höhe eine Statue des legendären Winkelried in einer Wandnische. Dieser stürzte sich 1386 mutig in die Speere der Habsburger, um so den Eidgenossen zum Sieg zu verhelfen. Ist dem frisch gebackenen Familienvater Thomas Aeschi nicht wenigstens genauso Mut zu attestieren? Immerhin wagte er es, die Demokratie gegenüber einem bewaffneten Polizisten zu verteidigen.
Eher nicht, findet indes Wermuth: Wenn schon hätten die Polizisten bewiesen, dass sie verantwortungsvoll umgehen können und darum die Waffe nicht gezückt haben. «Man stelle sich vor, es wäre etwas passiert mit einer Waffe.» Diese seien geladen und die Leute da, um echte Angreifer abzuhalten. «Das hätte auch ganz schief ausgehen können, das ist absolut verantwortungslos von Thomas Aeschi.»