Speicherseen sind wieder gut gefüllt: Genug Strom für den Winter?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Speicherseen sind nun doch noch gut gefüllt vor dem Winterhalbjahr.
- Der Bundesrat befürchtet, dass im Spätwinter eine Strommangellage eintreten könnte.
- Die dafür vorgesehene Wasserkraftreserve könnte nach wie vor notwendig sein.
Vor allem im Winterhalbjahr braucht die Schweiz viel selbstproduzierten Strom. Das gilt heuer umso mehr, als im Spätwinter auch ein Teil der Stromimport-Möglichkeiten wegbrechen könnte. Ein ungutes Vorzeichen war deshalb der Füllungsgrad der Schweizer Stauseen vor wenigen Wochen: Dieser bewegte sich am unteren Rand der langjährigen Erfahrungswerte.
Speicherseen fast schon übervoll
Die vielgepriesene «Batterie für die kalten Wintermonate» drohte auszutrocknen. Doch nun zeigt sich gemäss Daten des Bundesamts für Energie (BFE) ein völlig anderes Bild. Der Füllungsgrad liegt mittlerweile über dem Durchschnitt, in einzelnen Regionen sogar sehr deutlich. Einzig die Speicherseen im Tessin ziehen den schweizweiten Mittelwert arg nach unten.
Sind wir damit also über den Berg? Braucht es die vom Bundesrat angestossene Energiespar-Kampagne und von oben verordnete Wasserkraftreserve nun gar nicht? Über den Berg sozusagen schon, heisst es bei den zuständigen Stellen. Ob das auch genug ist, «das wissen wir, wenn der Winter vorbei ist», sagt Brigitte Mader vom Bundesamt für Energie.
Volle Stauseen «dank» heissem Klima
Bei den Kraftwerken Oberhasli, die acht Stauseen im Grimselgebiet managt, liegt man sogar etwas über dem Durchschnitt. «Unsere Seen sind insgesamt zu 89 Prozent gefüllt», sagt Sprecherin Nadja Ruch, «das ist im üblichen Rahmen für die Jahreszeit.» Die Aufholjagd seit Anfang September war indes alles andere als normal.
Zur Speichersee-Auffüllung beigetragen haben einerseits die Niederschläge der letzten Woche, bestätigen BFE wie auch der Stromkonzern BKW. Aber auch die «extrem hohen Temperaturen», so BKW-Sprecherin Marisa Fetzer. Diese führten im Moment zu in dieser Jahreszeit «unüblich hohen Zuflüssen».
Oder, wie es Nadia Ruch von den KWO sagt: «Die Gletscherschmelze ist spürbar.» Das heisse Klima sorgte zuerst für Trockenheit, dann auf Kosten der Gletscher auch wieder für mehr Wasser hinter den Staumauern. «Wenn es zwar trocken, aber nicht so heiss gewesen wäre, wäre die Situation weit weniger gut», betont Ruch.
Wasserkraft: Jeder Tropfen zählt
Aber eben: Die vom Bundesrat angeordnete und 300 Millionen Franken teure Wasserkraftreserve ist damit noch nicht hinfällig geworden. Beim BFE vermutet man, dass die Erwartung eines kritischen Winters zum Zurückhalten von Wasser beigetragen hat. Sozusagen ein Präventions-Paradox: Weil Massnahmen ergriffen werden, treten die Gründe für die Massnahmen vielleicht gar nicht ein.
Dass abgesehen vom Wetter noch andere Mechanismen zu höheren Stausee-Pegeln geführt haben, bestätigt Marisa Fetzer von der BKW. Einerseits habe die langfristige Reserve, aber auch die Winterreserve zu einer vorsichtigen Planung beigetragen. Gleichzeitig seien auch die Strompreise am Spot-Markt stark gesunken. Lies: Es wäre gar nicht so attraktiv gewesen, Stausee-Wasser durch Turbinen zu jagen und den Winterstrom schon im Sommer zu verkaufen.