Ständeratskommission fordert Einheit der Materie bei Abstimmungen
Kritiker argumentieren, dass in letzter Zeit oftmals bei Vorlagen kein sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilen bestand. Das soll sich ändern.
Das Wichtigste in Kürze
- Künftig soll die Einheit der Materie bei Abstimmungen gelten.
- Das heisst, zwischen den Teilen eines Erlasses muss ein sachlicher Zusammenhang bestehen.
Abstimmungen wie jene zum AHV-Steuerdeal soll es künftig nicht mehr geben. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK) will festlegen, dass die Einheit der Materie auch bei Gesetzen gewahrt werden muss.
Mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat die Kommission eine parlamentarische Initiative von Thomas Minder (parteilos/SH) angenommen, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Ist die Nationalratskommission einverstanden, kann eine Gesetzesänderung ausgearbeitet werden.
Die Ständeratskommission hält fest, sie sei sich bewusst, dass die Einhaltung des Grundsatzes in bestimmten Fällen eine Herausforderung darstellen könnte. Dennoch sollte die rechtliche Verankerung auch für Gesetze geprüft werden. Heute wird die Einheit der Materie explizit nur für Verfassungsänderungen verlangt. Volksinitiativen, die den Grundsatz verletzen, werden für ungültig erklärt.
Sachlicher Zusammenhang
Die Einheit der Materie ist dann gewahrt, wenn zwischen den einzelnen Teilen eines Erlasses ein sachlicher Zusammenhang besteht. Minder argumentiert, in letzter Zeit häuften sich Vorlagen, welche sehr unterschiedliche Materien in eine einzige Vorlage verpackten.
Als Beispiel nennt er das Gesetz zur Unternehmenssteuerreform und zur AHV-Finanzierung, gegen welches das Referendum ergriffen wurde. Im Zentrum steht die Abschaffung kantonaler Steuerprivilegien für internationale Unternehmen und die Einführung neuer Steuerregeln.
Gleichzeitig beschloss das Parlament eine Zusatzfinanzierung für die AHV: Für jeden Franken, der der öffentlichen Hand durch die neuen Steuerregeln entgeht, würde ein Franken in die AHV fliessen. Die Kombination soll die Vorlage für das bürgerliche und das linke Lager interessant und somit mehrheitsfähig machen.
Kompromiss oder Kuhhandel?
Für die Befürworter handelt es sich um einen Kompromiss, für die Gegner um einen Kuhhandel. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger könnten ihren Willen nicht zum Ausdruck bilden, argumentieren sie. Entweder müssten sie der Gesamtvorlage zustimmen, obschon sie einen oder gewisse Teile missbilligten, oder sie müssten die Vorlage ablehnen, obwohl sie den andern oder andere Teile befürworteten.
Minder nennt in seinem Vorstoss als weiteres Beispiel die Aktienrechtsrevision, die sich noch in der parlamentarischen Beratung befindet. Mit der Revision wird zum einen die Abzockerinitiative umgesetzt.
Zum anderen werden Geschlechterrichtwerte eingeführt. Weiter sollen Regeln eingeführt werden, die als indirekter Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative dienen. Aus Minders Sicht sollte eine solche Vorlage künftig nicht mehr möglich sein.