Starten die Gewerkschaften jetzt durch?
Die Gewerkschaften sind die grossen Sieger des Abstimmungssonntags und wittern Morgenluft. Nach der 13. AHV-Rente sollen weitere Forderungen erfüllt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sieg der Gewerkschaften mit der 13. AHV-Rente ist historisch.
- Bald stehen weitere Volksabstimmungen im Sozialbereich an.
- Die Gewerkschaften drängen auf weitere Verbesserungen bei Kaufkraft, Prämien und Renten.
Und dann lagen Sie sich wieder in den Armen: Als nach der ersten Trendprognose auch die Hochrechnung weit über 50 Prozent Ja-Stimmen versprach. Es wurde emotional im grossen Saal im Hotel Bern: Gestandene Frauen und Männer hatten die Tränen zuvorderst, denn zum ersten Mal konnten die Gewerkschaften eine Initiative durchbringen. Doch wird das jetzt so weitergehen?
Krankenkassenprämien als nächstes im Fokus
Für Vania Alleva, Präsidentin der Gewerkschaft Unia, war es bereits kurz nach Mittag ein klarer Fall. «Es ist wichtig, dass wir jetzt gleich weitermachen», betonte sie. Zum Beispiel bei der Kaufkraft-Problematik, höheren Löhnen, der 2. Säule oder der Deckelung der Krankenkassenprämien auf 10 Prozent des Einkommens.
Letzteres wird bereits im Juni in Form der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP vors Volk kommen. Auch bei Bürgerlichen heisst es schon jetzt, dass die Chancen für ein Ja wiederum gut stünden. Das würde also auf eine Fortsetzung des eben erst begonnenen Trends hindeuten.
Zwiespältiges Ergebnis für tiefe Renten
Wie sieht das die Verlierer-Seite? «Von nichts kommt nichts», mahnt auch Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl. «Die Forderungen von links müssen irgendwie auch finanziert werden»; Geld, das von den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen komme.
Hier werde man bald an Grenzen stossen. Die Hoffnung bei den Wirtschaftsverbänden wäre also, dass das Stimmvolk dies bald auch erkenne und die 13. AHV-Rente ein einmaliger «Ausrutscher» war.
Von GLP-Nationalrätin Melanie Mettler gibt es zunächst Lob für SGB & Co.: «Es ist sicher ein Verdienst der Gewerkschaften, dass es ihnen gelungen ist, hier einen Handlungsbedarf sichtbar zu machen.» Die jetzt vom Volk angenommene Vorlage bringe aber vor allem mittelständischen Renten etwas. Nun gelte es demnach, definitiv auch etwas für die tieferen Renten zu tun.
Das könne man bereits bei der Reform der 2. Säule tun, der sogenannten BVG-Reform, so Mettler. Im Gegensatz zur 13. AHV-Rente würden dann nicht einer, sondern zehn von zehn Franken bei den Tieflohn-Renten landen.
Gewerkschaften am Drücker
Also können wir uns auf politisch rosige Zeiten nach den Sommerferien freuen: Ein grösstenteils einiges Parlament, weil Mitte-Links am gleichen Strick zieht bei der BVG-Reform? Leider nein, erinnert Melanie Mettler: Schliesslich hätten die Gewerkschaften ja eben das Referendum dagegen ergriffen, nach dem Sommerferien befindet das Stimmvolk voraussichtlich darüber.
Ähnlich kritisch sieht es Monika Rühl. Die Botschaft des Stimmvolks an die Politik sei an diesem Abstimmungssonntag: «Jetzt musste mal etwas drin liegen für mich selber», analysiert die Economiesuisse-Direktorin. Das wären dann ja aber eher egoistische als soziale Motive: «mehr für mich» und nicht «für alle statt für wenige», wie es links sonst heisst.