Statistisch: Das waren beim Abschied die beliebtesten Bundesräte
Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga wurden heute im Nationalrat mit Applaus verabschiedet. Aber bei wem wurde am längsten geklatscht?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hat heute Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga verabschiedet.
- Sie hatten beide ihren letzten Auftritt als Bundesräte im grossen Saal.
- Die «Standing Ovation» dauerte vergleichsweise lang.
Der Nationalrat hat heute, quasi noch «in eigener Sache» nach der Bundesrats-Ersatzwahl letzte Woche, die abtretenden Bundesräte verabschiedet. Sowohl Ueli Maurer als auch Simonetta Sommaruga hatten heute ihren letzten Auftritt in einer regulären Debatte. Dabei gab es bei beiden sehr viel Applaus.
Kann man daraus schliessen, dass beide demnach – trotz politischer Differenzen – sehr geschätzt wurden? Sommaruga wäre nach dieser Logik beliebter gewesen als Maurer: Ihr Applaus dauerte mehr als 20 Sekunden länger. Ist sie nun 20 Sekunden beliebter? Oder 45 Prozent beliebter, wenn bei Maurer «nur» 53 Sekunden geklatscht wurde?
So kann Statistik täuschen
Das Beispiel zeigt an einem harmlosen Thema, wie mit Statistik bewusst oder unbewusst vieles falsch interpretiert werden kann. So müsste man zum Beispiel eine Referenzgrösse haben: Ist 77 Sekunden, wie bei Sommaruga, eigentlich viel? Ja, ist es, wenn man die vor ihr abgetretenen Landesväter und -mütter vergleicht.
Man sollte aber wohl auch das «Gesamtbild» betrachten. Während Sommaruga den Applaus sichtlich in sich aufsaugt, beginnt Maurer nach einigen Sekunden aus dem Nationalratssaal zu schreiten. Er klemmt die Klatscherei also aktiv ab. Nicht ganz so abrupt wie damals Moritz Leuenberger, der fröhlich winkend schon fast aus dem Saal flüchtete – und eine entsprechend schlechte Zeit verbucht.
Eveline Widmer-Schlumpf unterbricht am Rednerpult die applaudierenden Nationalräte, fällt ihnen sozusagen mit Worten in den Klatsch. Doris Leuthard versucht das zumindest, aber ist wenig erfolgreich damit: «Danke… danke… scho guet!» Ihr eigenes Versagen führt zu 23 Sekunden Vorsprung auf Widmer-Schlumpf.
Oder ist alles ganz anders?
Von Micheline Calmy-Rey existiert im Archiv keine Aufzeichnung von stehenden Ovationen im Nationalrat. Nur im Ständerat, aber auch dort mit Unterbruch. Bei Samuel Schmid wurde laut Wortprotokoll zwar geklatscht, aber das Video dazu scheint verloren gegangen zu sein.
Bei Hans-Rudolf Merz fand der formelle Abschied vier Tage vor seinem grössten Auftritt statt. Er musste in einer Fragestunde doch noch einmal in die Hosen steigen. Unter anderem zum Thema «Zolltarife bei ungewürztem und gewürztem Fleisch». Sie wissen schon: Bü-Bü-Bündnerfleisch! Zählt dieser Applaus nicht viel mehr?
Interpretationsfragen ergeben sich auch bei den 43 Sekunden für Christoph Blocher. Gibt es Abzug, wenn bei der Standing Ovation ein Teil des Saals demonstrativ sitzen bleibt?
Wahrscheinlich ist es ja sowieso grade umgekehrt: Je mehr Applaus, desto erleichterter ist das Parlament, dass diese Person da oben endlich geht. Insofern wäre der Wille der gewählten Volksvertreter bei Micheline Calmy-Rey mit null Applaus ja wohl klar: Sie hätte unendlich lange bleiben müssen.