Stopfleber-Verbot und Deutschpflicht auf Pausenplatz: Easy?
Zwei Meldungen, die nichts miteinander zu tun haben: Deutsch-Pflicht auf dem Pausenplatz und kein Verbot von Stopfleber. Wirklich nichts? Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Aargauer Schule setzt – mit Erfolg – eine Deutschpflicht auf dem Pausenplatz durch.
- Ständeräte sehen sich ausserstande, gegen Tierquälerei griffige Regeln zu erlassen.
- Bravo Lehrer, buh Politik? Oder buh beide? Ein Kommentar.
Wie es auf Pausenplätzen zu- und hergeht, davon habe ich etwa so wenig Ahnung wie von der Hochfinanz, nur aus anderen Gründen. Schliesslich haben Erwachsene auf Pausenplätzen nichts zu suchen, wohingegen man bei der Hochfinanz auch trotz Suchens oft nichts findet. Aber ich kenne die «Snowgarden» diverser Skigebiete, wo ein Dutzend Dreikäsehochs von drei Erwachsenen nur knapp im Zaum gehalten werden können. Also stelle ich mir Pausenplätze etwa gleich vor, nur weniger verlorene Handschuhe und zehnmal mehr Kinder.
Meine allergrösste Bewunderung für die Drahtseil-Nerven der Lehrerschaft wird nur noch übertroffen von der Bewunderung für deren Kollegen in Reinach AG. Dort kontrolliert man zu allem anderen in den Pausen auch noch, dass die Kinder ausschliesslich Deutsch sprechen. Dies funktioniere nicht nur, es stosse auch auf breiteste Zustimmung der Eltern.
Die sind wohl froh, dass die brüllende Kinderbande ihre Begeisterung nicht mit «ohmeigoooood» kundtut, sondern ausschliesslich althergebrachte, anständige Ausdrücke Schweizer Tradition verwendet wie «geil», «hueregeil» und «megagigageil». Wobei letzteres zugegebenermassen etwas grenzwertig ist, aufgrund der nicht einmal korrekt angewandten Präfixe griechischen Ursprungs. Da wird die Pausenaufsicht wohl ein Auge und beide Ohren zudrücken müssen. Ich entschuldige mich auch umgehend für die Verwendung des Ausdrucks «Präfix».
Ständeräte geben Forfait
Mehr Mühe mit der Durchsetzung von Regeln bekundet indes die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats. Sie teilt heute gleich in drei Belangen mit, dass es leider schwierig sei und man darum auch nicht viel machen könne. Dabei sind ausschliesslich Erwachsene und keinerlei unzurechnungsfähige Minderjährige involviert.
Den Import von Stopfleber wolle man nicht verbieten, weil dann könne man diese ja gar nie mehr essen. Eine Deklarationspflicht müsse genügen. Genau eine solche für Reptilienleder will die WBK-S aber auch nicht, weil diese nicht nötig sei. So viel Kroko- oder Schlangenleder werde jetzt auch wieder nicht importiert.
Desgleichen will sie auch keine Deklaration von Kokosprodukten aus affenquälerischer Produktion «aus Gründen der Machbarkeit». Eine Rückverfolgbarkeit wäre kaum zu gewährleisten. Die Politik scheitert daran, Unternehmen zu kontrollieren oder deren Produkte zu deklarieren.
Liess sich die kleine Kreisschule Reinach-Leimbach etwa davon abschrecken, dass der Lehrerverband eine Deutschpflicht für «kaum durchsetzbar oder kontrollierbar» hielt? Nein – auch auf die Gefahr hin, dass trotz Verbots ein Kind «Maldito» statt «Gopfertami» sagen könnte. Aber immerhin sinkt das Risiko, dass Schweizer Kinder plötzlich albanische Ausdrücke in die Unterhaltung einflechten.
Regelt die Regler!
Den Verbleib von Kokosnüssen nachzuvollziehen, ist tatsächlich eine immense Herausforderung. Gerade Schulkinder sollten vollstes Verständnis für die Sorgen und Nöte der Ständeräte haben. Kinder können ein Lied davon singen: Es dauert jeweils bis zur letzten Strophe, bis klar wird, dass das Affenbaby die Kokosnuss geklaut hat.
Trotzdem gilt es sowohl die Ständeratskommission als auch die Kreisschule Reinach-Leimbach in ihrer Herangehensweise zu kritisieren. Wie wäre es denn, wenn wir den Spiess einfach umkehrten? Statt die unberechenbaren Leber-, Leder- und Kokos-Lieferanten zu kontrollieren, sollen diese halt garantieren.
Fremdwörter sind Glücksache
Wer nicht nachweisen kann, dass die hohle Nuss ohne Affen geerntet wurde, soll sich seine Kokosmilch sonst wohin stopfen. Einfach nicht in Geflügelmägen. Die Leber wächst nicht fettig ohne Tierquälerei? Tant pis – excuse my french – bleiben wir halt bei Cervelat.
Statt staatlicher Kinderüberwachung im freiheitlichen Kanton Aargau wäre gleichermassen, wenn schon, die Wurzel allen Übels anzupacken. Ja, damit sind Sie, die Erwachsenen, gemeint. Bevor Kindern eine Deutschpflicht auferlegt wird, sollen die Vorbilder mal ihr Deutsch aufmöbeln. Keine Germanismen im Schweizerdeutsch, keine Anglizismen im Hochdeutsch, und den Erstklässlern ihren einwandfreien Akzent lassen, denn sie sich mühsam bei Peppa Wutz und Feuerwehrmann Sam abgeguckt haben.
Dass es damit nicht zum besten steht, beweist nämlich gerade das Erklärvideo der Kreisschule Reinach-Leimbach. So werden die Schüler angehalten, auch die Freizeit möglichst Deutsch zu gestalten: «Fernsehen und Games auf Deutsch», «smarte Medien auf Deutsch».
All dies zum locker-flockigen Stück mit dem ausländischem Titel «Take Me Higher» des Musikers Jahzzar. Dieser heisst mit bürgerlichem Namen Javier Suarez und sein Credo lautet: «No matter the language, just communicate.» Muss man jetzt nicht verstehen.