«Symbolische Wende» – Claude Longchamp ordnet Jans' Asylpläne ein

Kaspar Schwarzenbach
Kaspar Schwarzenbach

Bern,

Beat Jans will im Asylbereich mit Massnahmen für Entlastung sorgen. Eine Kurskorrektur mit primär symbolischem Charakter, erklärt Politologe Claude Longchamp.

Jans Asylpläne Asylwesen Bundesrat
Bundesrat Beat Jans hat weitreichende Massnahmen angekündigt, um das Asylwesen in der Schweiz zu entlasten. Wie sind dieselben zu beurteilen? (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Asylbereich will Beat Jans mit Massnahmen gegen Missbrauch für Entlastung sorgen.
  • Für Politologe Claude Longchamp ist dies eine Kurskorrektur von symbolischem Charakter.
  • Diese Wende sei angemessen, doch der Stadtbasler Asylminister gehe auch ein Risiko ein.

Bundesrat Beat Jans will im Asylbereich Nägel mit Köpfen machen: Mit beschleunigten Verfahren für aussichtslose Anträge und einer härteren Gangart gegenüber kriminellen Schutzsuchenden will der Stadtbasler das gebeutelte System entlasten.

Im Prinzip stösst Beat Jans mit den geplanten Massnahmen auf breite Akzeptanz: Bürgerliche begrüssen die grundsätzliche Stossrichtung des Vorschlages. Auch aus seiner Partei erntet der Asylminister verhaltenen Beifall – Nationalrätin Nina Schläfli zeigt sich gegenüber Nau.ch optimistisch, Nationalratskollege Roger Nordmann stimmt gegenüber «SRF» ähnliche Töne an.

Jans Asylgesuche Reaktionen Politik
Bundesrat Beat Jans will die Anzahl der aussichtslosen Asylgesuche in der Schweiz reduzieren: Dafür sollen Gesuche ohne Erfolgsaussicht schneller bearbeitet werden. (Symbolbild) - keystone

Gleichzeitig sind längst nicht alle mit dem Vorschlag des Bundesrates einverstanden. Kritik ertönt gar vornehmlich aus seinen eigenen Reihen: Für Juso-Parteipräsident und SP-Kantonsrat Nicola Siegrist beispielsweise seien die Lobgesänge seiner Parteikollegen «für Linke unwürdig», erklärt er in einem X-Post.

Politologe Claude Longchamp ordnet ein

Nau.ch hat Politologe und Historiker Claude Longchamp um eine Einschätzung gebeten – muss man hier schon von einer Kehrtwende sprechen? Für den Experten handelt es sich um eine Kurskorrektur von primär symbolischem Charakter, wie er im Interview betont.

Jans Asylpläne Asylwesen Bundesrat
Politologe Claude Longchamp sieht in vorgeschlagenen Massnahmen von Bundesrat Beat Jans eine Kurskorrektur von primär symbolischem Charakter. (Archivbild) - keystone

Nau.ch: Claude Longchamp, noch vor Ablauf der inoffiziellen «Schonfrist» von 100 Tagen hat Asylminister Beat Jans weitreichende Massnahmen im Asylbereich angekündigt. Wie beurteilen Sie dieselben?

Claude Longchamp: Nach 50 Tagen im Amt hat Bundesrat Beat Jans ein gut sichtbares Zeichen gesetzt: ‹Ich bin nicht da, um Probleme auszusitzen!› Da spricht meines Erachtens der erfahrene Regierungspräsident aus dem Stadtbasler. Das verdient Unterstützung.

Nau.ch: Gleichzeitig scheinen sich längst nicht alle über die angekündigten Massnahmen zu freuen. Wo macht sich der frischgebackene Asylminister hiermit Freunde, wo stösst er auf Kritik?

Longchamp: Dieses kommunikative Signal hat tatsächlich bereits heftige Reaktionen ausgelöst. Es ist eine Gratwanderung zwischen Rechts und Links. Erstere sehen die Massnahmen teilweise als Ausgangspunkt für weitere Änderungen, Zweitere teilweise als Tabubruch. Solange es um den Zugang zu Asylzentren für Asylsuchende ohne Aussichten geht, wird Jans jedoch grossmehrheitliche Zustimmung finden.

«Der Druck auf das Asylwesen wird nicht geringer»

Nau.ch: Glauben Sie, dass die angekündigten Massnahmen die erhoffte Entlastung im Asylbereich bringen werden?

Longchamp: Die Massnahmen zielen nicht auf die Asylgründe, sondern auf die lange Pendenzenliste von mittlerweile 15'000 unerledigten Gesuchen ab. Die 24-Stunden-Regel und die schriftliche Begründung von aussichtslosen Asylgesuchen sollen die Effizienz der Aufnahmen steigern. Das wurde in Zürich schon unter seiner Vorgängerin getestet – und es scheint zu wirken.

Die Schliessung an den Wochenenden wiederum erfolgt, um missbräuchliche Asylgesuche zu verhindern. Beispielsweise Konzertbesucher, die übers Wochenende eine Bleibe suchen. Wenn es solche Personen trifft, dürfte das okay sein. Problematisch wird es hingegen, wenn es Asylsuchende mit guten Gründen treffen sollte.

Materiell sehe ich noch keine Änderung der Asylgewährung – das ist richtig so, denn die kann nur das Gesetz festlegen. Der Druck auf das Asylwesen wird nicht geringer werden.

«Symbolisch wichtige Wende»

Nau.ch: Unter dem Strich scheint Beat Jans mit diesen Massnahmen gegen Wirtschaftsmigranten vorgehen zu wollen, die Ressourcen im Schweizer Asylwesen blockieren. Muss man hier mit Blick auf seine Vorgängerin Elisabeth Baume-Schneider schon von einer Kehrtwende sprechen?

Longchamp: So pauschal habe ich das nicht herausgehört. Der Schutzstatus S soll vorerst bleiben, Asylgründe werden nicht geändert. Es geht in erster Linie um eine Verringerung von aussichtslosen und missbräuchlichen Gesuchen.

Das Zeichen ist aber zweifelsohne neu – und es kam schnell! Meines Erachtens handelt es sich hierbei aber eher um eine symbolisch wichtige Wende, denn eine inhaltliche ist es nicht. Gleichzeitig halte ich diese Wende für angemessen.

Unterstützen Sie die geplanten Massnahmen von Justizminister Beat Jans?

Seiner Vorgängerin wurde ja der Vorwurf gemacht, sie habe Signale aus der Gesellschaft zu wenig oder zu spät aufgenommen. Genau das will Beat Jans vermeiden – er will selber steuern und nicht gesteuert werden. Politisch ist allerdings auch das riskant, wenn es in einer polarisierten Situation zwischen Stuhl und Bank fallen sollte.

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