Trotz Kehrtwende: Kein Schweizer Stromproduzent will neue AKWs bauen
Der Bundesrat will das AKW-Verbot kippen. Die Energiebranche findet das gut – allerdings wären solche Neubauten mit Herausforderungen verbunden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die AKW-Kehrtwende des Bundesrats löst viel Kritik aus.
- Auch die Energiebranche selbst ist nicht ganz überzeugt.
- Denn: Wirtschaftlich und zeitlich gibt es einige Fragezeichen.
Gestern Mittwoch hat Bundesrat Albert Rösti den Gegenvorschlag zur «Blackout stoppen»-Initiative vorgestellt. Und der hat es in sich: Wie die SVP will auch die Landesregierung den Bau von Atomkraftwerken wieder erlauben.
Die Reaktionen fallen gemischt aus. Links-Grün findet die Idee verantwortungslos. Auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister kritisiert den Bundesrat. Positive Stimmen gibt es dagegen aus rechts-bürgerlichen Kreisen, beispielsweise vom Nuklearforum Schweiz.
Gespalten blickt man in der Energiebranche selbst auf die AKW-Kehrtwende, wie nun «SRF» berichtet.
Claudia Egli, Bereichsleiterin Kommunikation beim Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen, sagt: Grundsätzlich sei es richtig, das Verbot zu kippen.
«Je mehr Optionen wir für die Zukunft haben, desto mehr Handlungsspielraum haben wir», so Egli. Auch die Kernkraft könne dazugehören.
AKWs kosten – und der Bau dauert
Es gibt aber auch Fragezeichen. Bereits direkt nach der bundesrätlichen Bekanntmachung äusserten sich mehrere Stromkonzerne kritisch zu neuen AKWs. Wirtschaftlich würde es sich schlicht nicht lohnen.
Gegenüber «SRF» verdeutlicht Mediensprecher Markus Ehinger vom Konzern BKW diesen Punkt. Planung, Bau und Betrieb wären mit grossen finanziellen Risiken verbunden. Die Wirtschaftlichkeit sei nicht gegeben.
Die einzige Möglichkeit wären wohl staatliche Unterstützungsmassnahmen. Ehinger sagt: «Neue Kernkraftwerke werden eigentlich nur dort gebaut, wo der Staat entweder direkt selber baut oder die Anlagen in einem hohen Masse staatlich gefördert werden.»
Axpo-Sprecher Martin Stucki betont zudem, dass ein AKW-Bau lange dauern würde: «Bis ein neues Kernkraftwerk am Netz wäre, würden mindestens 20 Jahre vergehen.» Weil es schneller Strom brauche, will die Axpo den Fokus auf erneuerbare Energien legen.
Ernsthaft plant laut dem Bericht deshalb kein Unternehmen den Bau von neuen Atomkraftwerken.
Energiestiftung: Bundesrat «sabotiert» Energiewende
Die Schweizerische Energiestiftung kritisiert aus diesen Gründen den Bundesrat scharf. Laut Geschäftsleiter Nils Epprecht müsste der Staat für neue AKWs zahlen. Die Energiebranche selbst wolle diese gar nicht.
Dieses staatliche Geld könnte dann bei der Förderung der erneuerbaren Energien gestrichen werden. Für Epprecht ist klar: «Wir können nicht Kosten für ein neues Atomkraftwerk und Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren schultern. Dieser Entscheid sabotiert sehr direkt die Energiewende.»