Ukraine Krieg: Schweizer Politiker erläutert Kiew-Besuch
Drei Nationalräte besuchen neben der «höchsten Schweizerin» Irène Kälin Kiew – nun verrät Mitte-Vertreter Nik Gugger (EVP), was ihn dabei beschäftigt hat.
Das Wichtigste in Kürze
- Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne) besuchte am Mittwoch die Ukraine.
- Begleitet wurde sie von Roger Nordmann (SP), Nik Gugger (EVP) und Yves Nidegger (SVP).
- Für Nationalrat Gugger war die Reise nach Kiew ein «beklemmendes Erlebnis».
Eine Schweizer Delegation um Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne) ist am Mittwoch der ukrainischen Einladung gefolgt und per Zug und Flugzeug nach Kiew gereist. Die Fotos der aktuell «höchsten Schweizerin» aus Kiew waren dank Begleitung von Medien wie «Blick» und SDA landesweit omnipräsent.
Doch Kälin war nicht alleine unterwegs: Mit SP-Fraktionschef Roger Nordmann, SVP-Nationalrat Yves Nidegger (SVP) und Mitte-Vertreter Nik Gugger (EVP) waren auch andere Parteien prominent vertreten. In der Ukraine besuchten die drei Politiker, welche Kälins Einladung folgten, einige der Schauplätze des Krieges.
EVP-Nationalrat Nik Gugger spricht gegenüber Nau.ch von einem «beklemmenden» Erlebnis. «Ich war mehr oder weniger 36 Stunden wach», berichtet Gugger auf der Rückreise am Mittwochabend.
Schon vor sechs Monaten – bevor der Ukraine-Krieg ausgebrochen war – hatte er das Land besucht. «Und nun haben wir im gleichen Restaurant gegessen. Es war gespenstisch – wie die Ruhe vor dem Sturm, weil im Moment keine Bomben fallen.» Trotz der bedrückenden Situation im Land seien die Menschen «unglaublich nett» gewesen.
Nik Gugger (EVP) fühlte sich trotz Ukraine-Krieg «sicher»
Die Schweizer Polit-Delegation besuchte auch die Stadt Irpin und den zerbombten Flughafen in Hostomel. Dort sei das Leid greifbar geworden, erzählt der Zürcher.
Gugger: «Rund um Kiew ist das Gelände vermint, deshalb hatte Sicherheit natürlich oberste Priorität. Im lange umkämpften Vorort Irpin sind wir vom Gemeindepräsidenten vor Ort informiert worden.»
Den Ort Butscha, wo Zivilisten gefoltert und ermordet wurden, konnte die Gruppe jedoch nicht wie geplant besuchen. Aus Zeitgründen, wie Gugger erklärt.
Dennoch sagt er: «Die Reise war durch die ukrainische Botschaft und die Rada (das Parlament) hervorragend organisiert. Ich fühlte mich grundsätzlich immer sicher.»
«Hörte Bitte nach Schutz für Zivilbevölkerung»
Auch in politischen Fragen wurden die Nationalräte durch die Reise offensichtlich beeinflusst. «Neutralitätspolitisch bin ich seit der Reise hin- und hergerissen und habe noch keine abschliessende Haltung», verrät Gugger.
Der in der Mitte-Fraktion politisernde EVP-Nationalrat versteht den Bedarf nach Waffen und Munition aus der Schweiz. «Aber: Die Bitten, die ich hörte, war jene nach Schutz für die Zivilbevölkerung und die kämpfenden Soldaten.»
Und weiter: «Das Seco sollte sofort grünes Licht geben für die Lieferung von Schutzwesten und ähnlichen Materialien.» Zudem solle vermehrt russisches Vermögen eingefroren werden.
Er habe folgende Botschaft gehört, so der Nationalrat: «Waffen haben wir oder kriegen sie noch.» Die Forderung nach Waffen für den Ukraine-Krieg an die Schweiz sei nie im Raum gestanden. Das hat offenbar auch für die Debatte um deutsche Lieferungen gegolten.
Was Gugger bedauert: «Präsident Selenskyj, den ich sehr bewundere, habe ich leider nicht persönlich getroffen. Das war den ranghöchsten Landesvertreterinnen der Schweiz und der anderen eingeladenen Staaten vorbehalten.»
Hintergrund: Zeitgleich mit der Schweiz waren zum Treffen auch andere Vertreter eingeladen. Die Parlamentssprecher aus Rumänien, Florin Citu, und aus Nordmazedonien, Talat Xhaferi, befanden sich ebenfalls in der ukrainischen Hauptstadt.
Medien kritisieren Kälin-Kommunikation
Am Donnerstag soll im Bundeshaus eine Pressekonferenz der Ukraine-Reisenden stattfinden. Dabei dürften Fragen der Neutralität im Zentrum stehen.
Sicher ist: Neben der eigentlichen Reise gab in der Schweiz hauptsächlich die Kommunikation über den aussenpolitischen Ausflug zu reden. Sowohl die NZZ wie auch der «Tagesanzeiger» bemängeln, dass sich Nationalratspräsidentin Irène Kälin durch die ständige mediale Begleitung zu sehr inszeniert habe.
Für Nationalrat Gugger ist hingegen klar: «Wichtig ist, aus erster Hand und vor Ort Informationen abzuholen, hinzuschauen und den Leidenden Anteilnahme zu zeigen.» Für den EVP-Mann ist ohnehin klar: «Der Krieg in der Ukarine betrifft auch unsere Sicherheit!»