Der Bundesrat hat ein neues EU-Sanktionspaket nicht vollständig übernommen. Der US-Botschafter kritisiert dies – das Seco erklärt die Gründe für den Entscheid.
Guy Parmelin
Erntet Kritik aus den USA: Das Seco von Bundesrat Guy Parmelin. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Nichtübernahme einer EU-Sanktion gegen Russland wirft hohe Wellen.
  • Nach der SP zeigt sich auch der US-Botschafter in Bern «enttäuscht».
  • Das Seco erklärt, dass die Massnahme in der Praxis wohl kaum etwas bringen würde.
Ad

Am Mittwoch hat der Bundesrat die Übernahme von weiteren Sanktionen gegen Russland beschlossen. Das 14. Sanktionspaket der EU vom Juni wird in der Schweiz aber nicht vollständig umgesetzt.

Auf eine Massnahme verzichtet man in Bern nämlich. Diese hätte vorgesehen, dass Firmen sicherstellen müssen, dass ihre Tochtergesellschaften in Drittstaaten keine Sanktionen umgehen.

Scott Miller
Scott Miller, US-Botschafter in der Schweiz, ist enttäuscht von der Schweiz. - keystone

Die SP bezeichnete den Entscheid des Bundesrats, eine Sanktion nicht zu übernehmen, als «skandalös». SVP-Politiker Roland Rino Büchel äusserte gegenüber Nau.ch aus gegenteiligen Gründen Kritik. Als neutraler Staat sei es nicht richtig, solche EU-Sanktionen eins zu eins zu übernehmen.

USA: Schweiz soll helfen, Schlupfloch zu schliessen

Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» hat nun auch der US-Botschafter Scott Miller Stellung zu den Sanktionen genommen. Er sei «enttäuscht», dass die Schweiz die Massnahmen nicht vollständig übernommen habe.

Weiter sagt er: «Wir hoffen, dass die Schweiz dazu beitragen wird, das Schlupfloch zu schliessen, das es Tochtergesellschaften ermöglicht, Sanktionen zu umgehen.» Den Russen müssen die Finanzmittel entzogen werden, fordert Miller.

Scott Miller
Scott Miller (links), der US-Botschafter in der Schweiz, neben US-Vizepräsidentin Kamala Harris.
Simon Plüss
Simon Plüss vom Seco hat ein gewisses Verständnis für Millers Kritik an der Schweizer Sanktionspolitik.
Cédric Wermuth
Zuvor hatte bereits die SP um Co-Präsident Cédric Wermuth den Bundesrat kritisiert.
SP Fabian Molina
SP-Nationalrat Fabian Molina legte auf dem Twitter-Nachfolger X nach.
SVP Roland Rino Büchel
SVP-Aussenpolitiker Roland Rino Büchel äusserte ebenfalls Kritik – allerdings, weil die Sanktionen laut ihm sogar zu weit gehen.

Simon Plüss, beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) für die Sanktionen zuständig, hat ein gewisses Verständnis für die Kritik: «Ich kann die Enttäuschung aus politischer Sicht nachvollziehen.» Er sagt dem «Tages-Anzeiger» aber auch: «Ich frage mich einfach, wie das in der Praxis umsetzbar sein soll.»

In einem Drittstaat werde man bei der Umsetzung der Sanktionen keine Rechtshilfe bekommen. Also würde man wohl schliesslich vor Gericht «gnadenlos unterliegen».

Sollte die Schweiz die Russland-Sanktionen der EU übernehmen?

Es ist indes nicht das erste Mal, dass die USA die Schweiz in diesem Bereich kritisiert. Schon Anfang Woche, also vor dem neusten Sanktionsentscheid des Bundesrats, berichtete die Zeitung «Le Temps»: Die USA verlange von der Schweiz mehr Einsatz bei den Russland-Sanktionen.

Seco: Nichtübernahme hat sachliche Gründe – nicht politische

Plüss betont, dass die Schweiz den Russland-Sanktionen und deren Ziel weiterhin positiv gegenüberstehe. Politische Ursachen habe der Verzicht auf diese eine Massnahme nicht.

«Die Nichtübernahme der Sanktion stützt sich allein auf sachliche Überlegungen», so der Seco-Verantwortliche. Die Schweiz gehe bereits gegen Vergehen in Drittstaaten vor, wenn ein «minimaler Bezug zur Schweiz» bestehe.

Entsprechend hat Plüss auch wenig Verständnis für den SP-Vorwurf, dass man Rohstofffirmen schützen würde. Man habe Instrumente, um die Umgehung der Sanktionen zu bekämpfen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

BotschafterGerichtStaatSECOSVPSPEUBundesrat