Wer soll das massiv teurere Schutzmaterial bezahlen?
Das Wichtigste in Kürze
- Spitäler können die Kosten für Schutzmasken & Co. wegen des Preisanstiegs verrechnen.
- Der Mechanismus ist zwar korrekt, aber Politiker fordern andere Lösungen.
- Pauschalen werden favorisiert, ein Prämienschub soll verhindert werden.
Wegwerf-Schutzkittel oder FFP2-Maske: Sie sind derart teuer geworden, dass sie von Spitälern auf die Patientenrechnung gesetzt werden dürfen. Die im Tarifsystem längst vor dem Auftauchen des Coronavirus vereinbarte Limite von drei Franken pro Stück ist erfüllt. Und das obwohl die Berechnung die Preise der letzten 12 Monate miteinbeziehen muss. Einige Spitäler erfassen nun das Verbrauchsmaterial und hoffen auf Vergütung.
Rechtens – aber auch richtig?
Dass Patienten, beziehungsweise in den meisten Fällen die Krankenkassen, das Schutzmaterial berappen müssen, ist also korrekt. Das bestreitet nicht einmal der Krankenkassenverband Santésuisse. Aber ist es auch angebracht? Nein, heisst es einhellig bei angefragten Gesundheitspolitikern, aber mit unterschiedlichen Forderungen.
«Diese Kosten sollen nicht den Patienten überbürdet werden. Es braucht aber pragmatische Lösungen, die gemeinsam gesucht werden sollen», sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Klar seien die Kosten bei Covid-19-Patienten noch zusätzlich höher, gleichzeitig müssten aber alle Personen besser geschützt werden. «Eine zusätzliche Abgeltung während der Pandemie – allenfalls auch über Pauschalen – macht grundsätzlich Sinn.»
GLP: Kosten als Gesellschaft tragen
Für Pauschalen votiert auch Nationalrat Jörg Mäder von den Grünliberalen: «Um die Administration nicht aufzublähen.» Simpel, aber bereits zu simpel für grünliberale Verhältnisse.
Mäder will wenn schon Pauschalen mit einkalkulierter Flexibilität, so dass sie kurzfristige Schwankungen auffangen können. Ihm schwebt eine Art Pool oder Versicherungsmodell vor. Für die Spitäler zeigt er viel Verständnis, aber: «Wir sollten diese Zusatzkosten als Gesellschaft tragen, nicht als Patient oder Leistungserbringer.»
Keine Prämienerhöhung
Damit ist SVP-Nationalrat Thomas de Courten nur bedingt einverstanden. Die Frage müsse zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern gelöst werden. Also in diesem Fall zwischen Spitälern und Krankenkassen.
«Insgesamt dürfen die Zusatzkosten nicht zu einem Prämienschub führen», so de Courten. «Demzufolge müssen die Spitäler mindestens einen Teil der coronabedingten Zusatzkosten selbst tragen, beziehungsweise die Kantone einspringen.» Das wäre dann wiederum «die Gesellschaft».
Marktwirtschaft: «Unendlich stossend»
Der Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber stösst allein schon sauer auf, dass das Verbrauchsmaterial 600, 700 oder 1'000 Prozent aufschlägt. «Es ist unendlich stossend, dass sich die Preise derart verteuern dürfen. Aber das gehört zu unserer Marktwirtschaft, die immer noch eine Mehrheit will.»
Wer nun bezahlen soll, beantwortet sie nicht, aber will dafür an der Wurzel des Übels ansetzen. «Gut wären pauschale Einkäufe via Kantone oder die Armee-Apotheke, so dass genügend Druck auf die Preissetzung gemacht werden kann.»