Schweizer Unis gegen Tabakgesetz
Das neue Tabakgesetz müsse stärker auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, fordert ein Zusammenschluss von Gesundheitswissenschaftlern. So sollen Jugendliche besser geschützt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Vernehmlassungsfrist für das neue Tabakgesetz lief vergangenen Freitag ab.
- Schweizer Gesundheitswissenschaftler warnen vor dem Gesetz, weil Kinder und Jugendliche zu wenig geschützt würden.
- Die meisten beginnen vor 20 mit Rauchen, deshalb fordern die Forscher umfassendere Werbeverbote etwa auch im Kino.
Letzten Freitag lief die Vernehmlassungsfrist zum neuen Entwurf des Tabakgesetzes ab. Auch die Swiss School of Public Health, ein Zusammenschluss von Gesundheitswissenschaftlern von acht Schweizer Universitäten, hat Stellung zum Vorentwurf bezogen: Sie lehnt ihn klar ab. Der Gesetzestext erreiche sein Ziel nicht, nämlich die Menschen vor den schädlichen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen, schreiben die Gesundheitswissenschaftler in einer Mitteilung. Konkret stören sich die Wissenschaftler daran, dass der vorliegende Vorschlag Kinder und Jugendliche nicht adäquat schützt.
Zwar verbietet der Gesetzesentwurf schon vielerorts Tabakwerbung – etwa auf Spielzeug und Schulmaterial. Und in Verkaufsstellen muss sich die Werbung mindestens 1,2 Meter über dem Boden befinden. Aber das reiche längst nicht, sagt Milo Puhan, Professor für Public Health an der Universität Zürich. „Der Gesetzestext muss sich stärker auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen.“ Diese sind klar: Die meisten Raucher fangen mit dem Laster an, bevor sie 20 Jahre alt werden. Deshalb fordert Puhan, dass Zigaretten und Werbung ganz aus dem Blickfeld von Kindern und Jugendlichen verschwinden. So müsse Tabakwerbung etwa auch in Kinos und auf Social-Media-Kanälen verboten werden.
Auch die Sanktionen bei einem Verstoss gegen das Gesetz gehen Puhan und seinen Kollegen nicht weit genug. „Eine Busse von nur 40’000 Franken bei Missachtung der Werberegeln schreckt die Tabakindustrie nicht ab“, sagt Puhan.
Der jetzige Vorschlag sei das Produkt der Dominanz von Lobbyisten und schütze die Tabakindustrie, schreibt der Zusammenschluss der Gesundheitswissenschaftler in der Mitteilung. Dabei ist Tabak die häufigste vermeidbare Ursache von Krankheit und Tod. Jährlich sterben in der Schweiz 9500 Personen an den Folgen des Tabakkonsums.
Neben den Schweizer Universitäten ist auch der Verein „Ja zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakwerbung“, eine Allianz von 25 Gesundheitsverbänden, unzufrieden mit der derzeitigen Stossrichtung der Präventionspolitik. Deshalb hat der Verein, dem unter anderen die „Krebsliga“ und „Sucht Schweiz“ angehören, letzte Woche eine Volksinitiative lanciert, die weitergehende Verbote vorsieht – etwa an Festivals und im Kino. Noch in diesem Jahr will der Verein die nötigen 100’000 Unterschriften sammeln.
Bis das neue Gesetz in Kraft tritt, wird es noch etwas länger dauern: Der Fahrplan der Bundesverwaltung sieht vor, dass es ab Mitte 2022 gelten soll.
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