Anhänger von Iraks Schiitenführer Sadr beginnen Sitzstreik vor Oberstem Justizrat
Der Dauerkonflikt um die Regierungsbildung im Irak geht in die nächste Runde: In Bagdad starteten hunderte Anhänger des Schiiten-Führers Moktada Sadr am Dienstag einen Sitzstreik vor dem Gebäude des Obersten Justizrats, der höchsten richterlichen Instanz im Land.
Auf Plakaten forderten sie die Auflösung des Parlaments, Neuwahlen sowie den Kampf gegen Korruption, wie ein AFP-Reporter berichtete. Der Oberste Justizrat setzte daraufhin seine Arbeit aus.
Der Irak steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Seit der Parlamentswahl im Oktober konnte noch keine neue Regierung gebildet werden - unter anderem, weil sich Sadrs Block mit einer pro-iranischen Schiiten-Gruppierung darüber streitet, wer von ihnen den nächsten Ministerpräsidenten stellt.
Seit der US-geführten Invasion im Jahr 2003 wird der Irak nach einem konfessionellen Proporzsystem regiert, nach dem das Amt des Ministerpräsidenten den Schiiten vorbehalten ist. Die Sadr-Bewegung war bei den Parlamentswahlen im Oktober zwar stärkste Kraft geworden, konnte aber keine Mehrheit bilden. Im Juni dann waren Sadrs Abgeordnete geschlossen zurückgetreten.
Der Streit zwischen den rivalisierenden schiitischen Gruppierungen verschärfte sich Ende Juli, nachdem Sadrs Strömung den Kandidaten der von Teheran unterstützten Allianz, des sogenannten Koordinationsrahmens, abgelehnt hatte.
Sadr hatte dem Obersten Justizrat Anfang August eine Woche Zeit gegeben, um das Parlament aufzulösen. Die Richter erklärten sich aber nicht dazu befugt.
Seit rund drei Wochen campieren Sadrs Anhänger bereits vor dem Parlament in Bagdad. Das rivalisierende Bündnis begann inzwischen einen eigenen Sitzstreik vor Bagdads Grüner Zone, in der sich auch das Parlament befindet.
In der vergangenen Woche hatte der amtierende Ministerpräsident Mustafa al-Kadhemi ein Krisentreffen von Spitzenpolitikern einberufen, um nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Es wurde jedoch von Sadrs Lager boykottiert. Al-Kadhemi brach am Dienstag einen Besuch in Ägypten ab und kehrte umgehend nach Hause zurück. Er rief alle Parteien zur Ruhe sowie zur Beteiligung an einem «nationalen Dialog» auf, um die Patt-Situation zu beenden.