Bundesregierung: Brauchen «solidarische» Verteilung von Flüchtlingen in Europa
Eine Woche vor einem Treffen mehrerer EU-Innenminister zur Verteilung von aus Seenot geretteten Flüchtlingen hat die Bundesregierung auf eine langfristige «solidarische» Lösung gepocht.
Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere EU-Innenminister wollen vorläufige Quotenregelung schaffen.
Deutschland und Frankreich machten einen «Vorstoss für ein zeitlich begrenztes Arrangement», um bei den notwendigen europäischen Verhandlungen über einen Interimsmechanismus «endlich voranzukommen», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Ein solcher Zwischenschritt wäre besser als das «Adhoc-Verfahren», das zurzeit im Umgang mit Flüchtlingen existiere.
Langfristig sei die Bundesregierung aber weiterhin der Überzeugung, dass Europa «eine verlässliche Gesamtlösung finden muss», hob Seibert hervor. Eine solche solidarische Lösung müsse «auf ganz vielen europäischen Schultern» ruhen. Daher sei es auch richtig, dass die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen neuen Anlauf hierfür nehmen wolle.
Seibert nannte den jetzigen Zustand, wo von Fall zu Fall bei der Anlandung eines Flüchtlingsschiffs über die Aufnahme der betroffenen Migranten diskutiert und verhandelt werde, «unbefriedigend». Deutschland habe sich an den Adhoc-Verfahren immer beteiligt, «trotzdem finden wir das keine geeignete Vorgehensweise».
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Wochenende angekündigt, dass Deutschland bereit sei, jeden vierten nach einer Seenotrettung in Italien anlandenden Flüchtling einreisen zu lassen. «Wenn alles bleibt wie besprochen, können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen. Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern», sagte Seehofer der «Süddeutschen Zeitung».
Neben Frankreich, Italien und Malta sollten sich «möglichst viele Mitgliedstaaten» einer vorläufigen Quotenregelung für die Verteilung von Flüchtlingen anschliessen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Montag. Die Gespräche liefen derzeit. Mehrere EU-Innenminister treffen sich am kommenden Montag auf Malta, um über einen solchen Mechanismus zu beraten.
Wie Seehofers Sprecher weiter sagte, ist es dem Bundesinnenminister wichtig, dass ein sogenannter Pulleffekt vermieden wird, also keine Anreize für Schlepperbanden geschaffen werden. Hierfür solle vereinbart werden, dass Änderungen an dem «humanitären Notfallverteilmechanismus» möglich sind, wenn die Zahl der aus Seenot Geretteten «erheblich» steigt.
Zudem müssten Massnahmen beschlossen werden, um einen Pulleffekt auszuschliessen - Einzelheiten nannte der Sprecher hierzu nicht. Er verwies auf laufende Gespräche zwischen den zuständigen Bundesressorts sowie mit den europäischen Partnern.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte derweil vor neuen «Pull-Faktoren» im Mittelmeer. Der Vorstoss Seehofers für eine Quote dürfe «nicht missverstanden werden», sagte Herrmann dem «Münchner Merkur» (Dienstagsausgabe). «Es geht hier sicher nicht um einen fixen Anteil an einer beliebig grossen Anzahl.»
Deutschland habe in den vergangenen zwölf Monaten «ein paar hundert Flüchtlinge aufgrund von Seenotrettungsaktionen übernommen». Wenn sich eine deutsche Beteiligung auch künftig in dieser Grössenordnung bewege, gebe es dagegen nichts einzuwenden, sagte Herrmann. «Im Gegenzug erwarten wir von Italien dann aber, dass es seine Aussengrenzen ordentlich kontrolliert und eine unkontrollierte Weiterreise von Migranten nach Deutschland effektiv und zuverlässig verhindert.»
AfD-Parteichef Alexander Gauland erklärte dagegen, mit Seehofer sei die CSU zur «Migranten- und Schlepperpartei» geworden.