Darum sagt Iran das WEF-«Krisentreffen» doch ab
Nichts mit Krisengipfel am WEF in Davos. Der iranische Aussenminister sagt eine Woche vor Beginn ab. Ihm blieb nichts anderes übrig. Eine Analyse.
Das Wichtigste in Kürze
- Die iranische Delegation sagt ihre Teilnahmen am WEF kurz vor dem Treffen ab.
- Das Weltwirtschaftsforum in Davos wurde als «Krisengipfel» im USA-Iran-Konflikt gehandelt.
Noch vor einigen Tagen wurde das WEF in Davos als «Krisengipfel» oder gar «Friedensgipfel» gehandelt. Nach der von Donald Trump befohlenen Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani und der Beinahe-Eskalation des Konfliktes zwischen den USA und dem Iran wären die beiden Kontrahenten am Weltwirtschaftsforum erstmals aufeinandergetroffen.
Doch nun die Ernüchterung für WEF-Chef und «Friedensvermittler» Klaus Schwab: Die Führung in Teheran pfeift die iranische Delegation um Aussenminister Jawad Zarif zurück.
Eine direkte Begegnung zwischen der iranischen und der US-Delegation hätte es wohl ohnehin nicht gegeben. Doch hätte das WEF die perfekte Plattform geboten, um auf beiden Seiten zu vermitteln. Zumal es zwischen den beiden Ländern keine direkten diplomatischen Beziehungen gibt.
Absage überrascht nicht
Zwar ist die iranische Absage unerwartet, trotzdem überrascht sie nicht. Zeigte sich der Iran nach dem Attentat auf Soleimani geeint wie nie, hat sich seit dem irrtümlichen Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs über Teheran mit 176 Toten das Blatt für die iranische Regierung gewendet.
Seit dem Abschuss durch die iranische Revolutionsgarde ist besonders der internationale Druck auf den Iran gewachsen. Unter den Opfern waren nebst der ukrainischen Besatzung viele kanadische Opfer zu beklagen. Aber auch inner-iranisch entladen sich Spannungen. Die meisten Opfer des Absturzes stammen aus dem Land selbst.
Wütende Proteste am Wochenende
Hunderte gingen am Wochenende in diversen iranischen Städten auf die Strassen. In Teheran schlug eine Gedenk-Versammlung für die Opfer zu einem wütenden Protest um. Die Demonstranten kritisierten besonders die Vertuschung von Fakten durch die iranische Führung. Einige riefen Parolen gegen das System der Islamischen Republik. Auch «Tod dem Diktator»-Rufe an die Adresse von Ajatollah Ali Chamenei seien zu hören gewesen.
Zwar ist die Zahl der Protestierenden verglichen mit den Massen an den Trauerfeierlichkeiten für Soleimani gering. Trotzdem fühlt sich die Führung in Teheran bedroht. Videos sollen etwa ein grosses Aufgebot von Bereitschaftspolizisten und bewaffneten Sicherheitskräften zeigen. Auch Schüsse sollen bei den Protesten in Teheran gefallen sein.
Letzten Endes soll es auch innerhalb des Regimes Spannungen geben. Verstimmungen zwischen den Gemässigten um den vom Volk gewählten Präsidenten Hassan Rohani und den von Chamenei gestützten Scharfmachern der Revolutionsgarden gibt es schon lange. Nun titelte die Rohani nahestehende Zeitung «Iran» den Abschuss durch die mächtige Elitetruppe als «unverzeihlich».
In diesem Wirrwarr erscheint für die Führung in Teheran eine WEF-Teilnahme als unangebracht.