EU-Gipfel fordert vollständiges Ende von türkischer Militäroffensive
Das Wichtigste in Kürze
- US-Demokraten kritisieren Waffenruhen-Vereinbarung.
In Schlussfolgerungen des EU-Gipfels in Brüssel heisst es, die Kampfpause werde «zur Kenntnis» genommen. Die Türkei müsse aber ihre Militäroffensive «beenden», ihre Truppen abziehen und humanitäres Völkerrecht respektieren. Derweil wurde in den USA Kritik an der zwischen Washington und Ankara getroffenen Vereinbarung laut.
US-Vizepräsident Mike Pence hatte am Donnerstag nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara eine fünftägige Waffenruhe für Nordsyrien verkündet. In dieser Zeit sollen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) ihre Kämpfer aus einer 32 Kilometer breiten «Sicherheitszone» abziehen. Anschliessend soll die Türkei nach US-Angaben ihren Einsatz vollständig beenden. Die genaue Länge dieser Sicherheitszone blieb zunächst unklar.
Der Chef der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, kündigte an, die Waffenruhe einhalten zu wollen. «Wir sind bereit, uns an die Feuerpause zu halten.» Die Zusage gelte für den Sektor zwischen den syrischen Städten Ras al-Ain und Tal Abjad an der türkischen Grenze. Über andere Gebiete sei nicht gesprochen worden, sagte Abdi.
US-Präsident Donald Trump, der wegen seiner Syrien-Politik in den USA und international scharf kritisiert worden war, sprach von einem «grossen Tag für die Zivilisation». Erdogan sei ein «Freund» und «unglaublicher Anführer». Die Kurden seien «unglaublich glücklich mit dieser Lösung», schliesslich habe sie «ihr Leben» gerettet.
Allerdings sagte der US-Sondergesandte für Syrien, James Jeffrey, die Kurden seien mit der Vereinbarung alles andere als glücklich. Washington habe sie mit «Zuckerbrot und Peitsche» zu einer Zusage bringen müssen. «Es gibt keinen Zweifel daran, dass die YPG wünscht, sie könnte in diesen Gebieten bleiben».
Der demokratische US-Senator Tim Kaine kritisierte die Vereinbarung denn auch scharf. Trump helfe der Türkei, die Kurden aus ihrer Heimat in Nordsyrien zu vertreiben. Das sei angesichts der Leistungen der Kurden im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) «empörend».
Die Türkei hatte vergangene Woche ihre Militäroffensive gegen die Kurden in Nordsyrien begonnen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bislang fast 500 Menschen getötet, darunter dutzende Zivilisten. Mehr als 300.000 Menschen wurden demnach vertrieben.
Die in Brüssel versammelten EU-Staats- und Regierungschef kritisierten in der Nacht auf Freitag, die Offensive verursache «unannehmbares menschliches Leid, untergräbt den Kampf gegen den IS und bedroht die europäische Sicherheit erheblich». Sie verschärften aber die Beschlüsse der EU-Aussenminister vom Montag nicht. Diese hatten sich nicht auf ein EU-weites Waffenembargo gegen die Türkei geeinigt, sondern nur nationale Waffenembargos von EU-Mitglieder gutgeheissen.