FDP nennt Bedingungen für mögliche Koalitionen
Eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl rücken die möglichen Koalitionen stärker in den Fokus.
Das Wichtigste in Kürze
- Scholz lobt Liberale - Linke warnen vor Ampel-Bündnis.
Die FDP nannte am Donnerstag mehrere Bedingungen für ein mögliches Bündnis. Während SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz Lobenswertes im Wahlprogramm der Liberalen entdeckte, warnte Linke-Aussenpolitiker Gregor Gysi Sozialdemokraten und Grüne vor einer Koalition mit der FDP.
«Wir schliessen aus: höhere Steuern, wir schliessen aus: ein Aufweichen der Schuldenbremse», sagte FDP-Chef Christian Lindner in Berlin über eine mögliche Regierungsbeteiligung nach der Wahl. Ausgeschlossen sei zudem eine Politik, «die auf Enteignungen setzt» und die «im Zentrum Verbote hat - also linke Politik».
FDP-Generalsekretär Volker Wissing fügte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lindner hinzu, seine Partei wolle «Klimaschutz durch Innovation» sowie durch «Erfinden statt Verbieten». «Staatlicher Dirigismus» sei der falsche Weg, stattdessen müsse es mehr Freiheit für Forschung und Entwicklung geben.
«Wir treten nur in eine Regierung der Mitte ein», versicherte Lindner. Wer sich für Deutschland eine «Politik der Mitte» wünsche, müsse die Partei wählen, die einen solchen Kurs «garantieren» könne, nämlich die FDP.
Aktuellen Umfragen zufolge erscheinen nach der Bundestagswahl zwei Bündnisse mit FDP-Beteiligung denkbar: eine Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen oder eine Ampel mit SPD und Grünen. Seine Partei habe «die meisten inhaltlichen Schnittmengen» mit CDU und CSU, sagte Lindner, jedoch seien die Unionsparteien «inhaltlich unscharf und geschwächt».
Auf der anderen Seite seien SPD und Grüne weiterhin offen für eine Koalition mit «der Enteignungspartei Die Linke», kritisierte er. Ihm fehle ausserdem «die Fantasie», welche Angebote SPD und Grüne der FDP machen könnten, die «inhaltlich attraktiv» und zugleich für die Parteibasis von Rot-Grün akzeptabel wären.
Um auf den letzten Metern noch Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, beschloss das FDP-Präsidium am Mittwochabend einstimmig einen Wahlaufruf. In dem vierseitigen Papier heisst es über mögliche Koalitionen, die FDP trete nur in eine Regierung ein, «die auf die Herausforderungen unserer Zeit mit dem Vertrauen auf Marktwirtschaft, Rechtsstaat und Europa antwortet».
SPD-Kanzlerkandidat Scholz lobte einige Vorschläge der FDP, etwa ein «Mid-Term-Bafög» für 40- bis 50-Jährige. «Das würde viele Probleme lösen» und das Arbeitskräftepotenzial ausschöpfen, sagte er dem «Handelsblatt» vom Donnerstag. Überschneidungen sieht er auch beim Thema Aktienrente.
Unterdessen warben Politiker der Linken für ein Bündnis von SPD und Grünen mit ihrer Partei. «Wenn man einen sozialökologischen Wandel will, wird es mit der FDP nicht gehen», sagte der Linken-Aussenpolitiker und frühere Fraktionschef Gysi dem «Spiegel». «Wenn SPD und Grüne den Wandel wollen, müssen sie mit uns gehen.»
Sollte es zu Sondierungsgesprächen zwischen SPD, Grünen und Linken kommen, wäre die aussenpolitische Haltung seiner Partei nicht das Problem, sagte Gysi weiter. Die aussenpolitischen Vorstellungen der Linken werden von SPD und Grünen immer wieder kritisiert.
Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler sagte in diesem Zusammenhang dem RBB-Sender Inforadio, ihre Partei fordere zwar die Auflösung der Nato «beziehungsweise eine neue Sicherheitsarchitektur weltweit». Dies sei aber nur langfristig zu schaffen. «Die Kritik an der Nato bleibt bestehen. Aber den Austritt aus der Nato, den haben wir nicht gefordert und den machen wir auch nicht zu einer Bedingung für eine Koalition.»